diesen Zuwachs quantitativ und
qualitativ zu meistern, schließlich ist bei
manch einer Linie die Grenze der Leis-
tungsfähigkeit bereits heute erreicht.
EU-Ausweg: Marktöffnung?
Die Antwort der EU auf alle Fragen
des Verkehrswesens ist zumeist jene,
die sich ebendort noch nie bewährt hat:
die Marktöffnung. Hintergedanke dabei
ist, dass lediglich die Monopolstellung
der öffentlichen Verkehrsunternehmen
an der derzeitigen Misere im Verkehr
schuld sei. Würde man hier mehrere
Unternehmen zulassen bzw. würde man
hier verpflichtende Ausschreibungen
vorsehen, käme es zu einem sprung-
haften Qualitätsanstieg, zu exorbitanten
Kosteneinsparungen und zu einer wun-
dersamen Vermehrung möglicher Zug-
trassen. Zahlreiche Beispiele belegen
klar, dass dieser Schluss schlicht falsch
ist. Im Gegenteil: Eine Liberalisierung
bzw. die zwangsweise Ausschreibung
ist verkehrs- und sozialpolitisch ineffizi-
ent. So sind die liberalisierten britischen
Bahnen die teuersten in ganz Europa,
die höchsten Fahrgastzuwächse bzw.
den höchsten Schienenverkehrsanteil
im Personenverkehr hat man in jenen
Ländern, deren Liberalisierung hinter-
herhinkt, etwa bei den TGV-Verbindun-
gen in Frankreich bzw. in Ungarn. Die
zufriedensten Kunden und die effizien-
testen Bahnen befinden sich in jenem
Land, in dem man die Liberalisierung
als antiquiertes Relikt belächelt: in der
Schweiz. Statt auf Konkurrenz, Lohn-
und Sozialdumping setzt man ebendort
auf Kooperation und Taktverkehr.
Öffi-Ausbau notwendig
Als Lösung für den bevorstehenden
Verkehrskollaps in den Metropolen bie-
ten sich mehrere Stoßrichtungen an.
Auf der einen Seite sind das die Attrak-
tivierung des öffentlichen Verkehrs und
das Zurückdrängen der Auswüchse des
Pkw-Verkehrs bei gleichzeitiger Zurück-
gewinnung des öffentlichen Raumes.
Der Verkehr in der Stadt ist letztlich nur
dann sozial, wenn er ein öffentlicher
ist. Auf der anderen Seite ist die Raum-
ordnung gefordert, hier entsprechende
Strukturen in den Metropolen und der
Region zu schaffen. Die Verknüpfung
der städtischen Politik und der Regio-
nalpolitik ist dabei ein unverzichtbarer
Bestandteil, insbesondere bei der Son-
derstellung der österreichischen Ostre-
gion, wo gleich mehrere Bundesländer
mit zum Teil unterschiedlichen Interes-
senslagen und Bauordnungen betroffen
sind. Es gilt Siedlungsformen zu forcie-
ren, die eine vernünftige Erschließung
mit dem öffentlichen Verkehr ermögli-
chen. Ebenso sind Strukturen zu schaf-
fen, die FußgängerInnen und Radfahre-
rInnen nicht ausschließen.
Bei der Attraktivierung des rein in-
nerstädtischen Verkehrs gilt es, die all-
gemein anerkannten „Selbstverständ-
lichkeiten“ umzusetzen: Busspuren,
eigene Gleiskörper für Straßenbahnen,
Ampelsteuerungen durch die Öffis, In-
tervallverdichtungen, der Ausbau und
die Neuerrichtung von Linien, Fahrgas-
tinformationen und Fahrradabstellflä-
chen in den Stationen. Wichtige und
prestigeträchtige Großprojekte bei der
Eisenbahn sollen nicht darüber hinweg-
täuschen, dass auch bei den Hauptkun-
den der Bahn, den täglichen Pendler
Innen, große Änderungen erforderlich
sind. Zahlreiche Schnellbahntrassen
wiesen schon 2011 eine vollständige
Kapazitätsauslastung auf bzw. standen
kurz davor. Kurzum, auf diesen Schie-
nenwegen kann keine sinnvolle Inter-
vallverdichtung mehr erfolgen. Dies
Schwerpunkt
Wachsende
Ostregion
www.ak-umwelt.atDer Verkehr in den österreichischen Metropo-
len ist nur dann stadtverträglich und sozial,
wenn er ein öffentlicher ist.
Straßenverkehr: Keine Kostendeckung
Der österreichweite Kostendeckungsgrad des Straßenverkehrs auf Landes- und
Gemeindestraßen liegt laut Wegekostenrechnung des Verkehrsministeriums bei
18 Prozent.
www.bmvit.gv.at/bilder/service/publikationen/verkehr/gesamtverkehr/viz2011.jpg
Attraktivierung und Ausbau der Öffis ist ein Gebot der Stunde
Seite 16
Wirtschaft & Umwelt 3/2015
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FOTOS: ÖBB/HANNO THURNHER (1), SCHUH (1)