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Seite 20
Wirtschaft & Umwelt 3/2016
betreffenden Analysen häufig jene
Zusammenhänge, die eigentlich analy-
siert werden sollten, etwa den Grund für
die Armut und ihr Ausmaß sowie geeig-
nete Maßnahmen für ihre Bekämpfung.
Am Beispiel der häufig sehr emotio-
nal geführten öffentlichen Debatte um
Umweltsteuern lassen sich einige der
genannten Dimensionen und Probleme
im Spannungsfeld Umwelt(politik) und
Verteilung gut illustrieren. Ein zentrales
Gegenargument gegen die stärkere
Nutzung von Umweltsteuern ist ihre re-
gressive Wirkung, dass sie also die un-
teren Einkommen überdurchschnittlich
stark im Verhältnis zu ihren verfügbaren
Einkommen belasteten. Hintergrund
dieser Befürchtung ist, dass Umwelt-
steuern wie alle Verbrauchssteuern das
verfügbare Einkommen der besteuerten
Konsumenten nicht berücksichtigen,
sondern sich ausschließlich amKonsum
der steuerpflichtigen Güter bemessen.
Da die für eine Analyse der perso-
nellen Verteilungseffekte benötigten
Daten unmittelbar nicht zur Verfügung
stehen, können insbesondere zwei In-
dikatoren als Anhaltspunkte dienen: Die
Verteilung der besteuerten Güter selbst
(beispielsweise PKW) auf die Haushalte;
und die Ausgaben im Zusammenhang
mit den besteuerten Gütern (beispiels-
weise Ausgaben für Treibstoffe).
Hierauf beruhende Verteilungsanaly-
sen ergeben ein differenziertes Bild. So
zeigen etwa Analysen für die EU- und
OECD-Länder tendenziell regressive
Wirkungen von Steuern auf Strom und
Heizenergie. Jene auf Treibstoff und
PKW dagegen wirken bis zum mittleren
Einkommensbereich eher progressiv,
während die relative Belastung für die
oberen Einkommen wieder abnimmt.
Für Österreich erlaubt die Datenlage
weder eine Analyse der Gesamtver-
teilungswirkungen der existierenden
Umweltsteuern noch die Identifikati-
on der Belastungswirkungen einzel-
ner Umweltsteuern. Die wichtigste
Datenbasis ist die Konsumerhebung
der Statistik Austria, die die Ausgaben
der privaten Haushalte für bestimmte
Güter(gruppen) nach Einkommenshö-
he bietet. Sie gibt etwa Anhaltspunkte
für die Verteilungseffekte von Steuern
auf den Individualverkehr. Da jedoch
Schwerpunkt
Umwelt und
Verteilungs
gerechtigkeit
Spannungsfeld Lebensqualität und Verteilung
Die Daten der Konsumerhebung von Statistik Austria legen eine differen-
zierte Wirkung PKW-bezogener Steuern auf die Einkommensverteilung
nahe. Gemessen am Haushaltseinkommen steigt die prozentuale Belas-
tung durch die PKW-Anschaffung mit wachsendem Einkommen, da die
Haushalte in den oberen Einkommensklassen mehr und teurere PKW kau-
fen. Der laufende Betrieb belastet dagegen anteilig die oberen Einkommen
vergleichsweise weniger. Absolut steigen die Ausgaben für Individualver-
kehr mit dem Haushaltseinkommen: Das unterste Quartil gibt 12 %, das
oberste gut 13 % seines Einkommens für Individualverkehr aus. Dies lässt
eine progressive Wirkung PKW-bezogener Steuern erwarten.
Pkw-bezogene Steuern
Wirkung auf die Einkommensverteilung
Anteil der Verkehrsausgaben am verfügbaren Haushaltseinkommen in Prozent.
ª
FOTOS: Fotolia Ulf Dressen (1), Vida (1)
Quelle: Statistik Austria, Konsumerhebung 2009/2010
4,0
5,5
5,0
5,9
8,0
7,8
7,6
7,2
2,1
14,1
Verkehr
gesamt
1,1
0,8
0,8
0%
10%
20%
1. Quartil
Öffentlicher
Verkehr
1.369
€
2. Quartil
2.318
€
3. Quartil
3.364
€
4. Quartil
5.485
€
Kfz-Reparatur,
-Zubehör, Treibstoff
Kfz-
Anschaffung
14,4
13,4
13,9