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Seite 22

Wirtschaft & Umwelt 3/2016

I

m Jahr 2014 wurden welt-

weit zirka 24 Milliarden Paar

Schuhe produziert, davon 19,4

Milliarden Paar verkauft. 17

Prozent wurden allein in Europa

abgesetzt, das sind bei 740 Mil-

lionen EuropäerInnen ungefähr

4,5 Paar Schuhe pro Person.

In Österreich werden laut Wirt-

schaftskammer zirka sechs Paar

Schuhe pro Person und Jahr ge-

kauft. 87 Prozent aller weltweit

produzierten Schuhe werden in

Asien gefertigt. Dennoch hat die

Schuhproduktion für die euro-

päische Wertschöpfung keine

unerhebliche Bedeutung: So

werden nämlich 90 Prozent der

innerhalb Europas produzierten

Schuhe auch in Europa verkauft

und jeder fünfte in Europa ver-

kaufte Schuh wurde auch in Eu-

ropa gefertigt. In demEU-Projekt

„Change your Shoes“ (CYS)

wurden unter österreichischer

Leitung der Clean Clothes Kam-

pagne und der Beteiligung von

GLOBAL 2000 die Arbeitsbedin-

gungen in dieser Branche sowie

die Transparenz für die Kon-

sumentInnen untersucht und

aufgearbeitet. Analysiert wurde

außerdem, ob in Schuhen der

seit Mai 2015 in der EU gelten-

de Grenzwert für sechswertiges

Chrom – Chrom VI – eingehalten

wurde.

Verantwortung

In demProjekt wurden ausge-

wählte europäische Firmen be-

fragt, welche „menschenrecht-

lichen Sorgfaltspflichten“ sie

gegenüber ArbeitnehmerInnen

(siehe Kasten Seite 23) überneh-

men. Von den 29 in Europa an-

sässigen Firmen haben 13 keine

Antwort auf den Fragebogen ge-

geben. Damit agieren diese Fir-

men, darunter z.B. Birkenstock,

Camper oder Gea/Waldviertler,

äußerst intransparent und fallen

in die letzte von fünf Kategorien.

Auf der anderen Seite der Skala

findet sich überhaupt kein Un-

ternehmen, zur Verbesserung

gibt es demnach noch viel Luft

nach oben. Der zweitbesten Ka-

tegorie konnte CYS zumindest

drei Unternehmen zuordnen: El

Naturalista, Adidas und Eurosko

sind „auf gutem Weg“ und zei-

gen positive Ansätze. Langsam

„in die Gänge“ kommen sieben

Firmen wie etwa Deichmann und

– als am besten bewertete hei-

mische Firma – Legero. Erst sehr

zögerliche Schritte und damit in

der untersten Kategorie befin-

den sich Gabor, Geox und Prada

sowie für Österreich: Paul Green,

Hartjes und Richter.

Ein durchgängiges Problem

besteht darin, dass die Unter-

nehmen die Verantwortung an

die Subunternehmen abgeben.

Es gibt zwar mitunter Beschwer-

destellen oder es werden Audits

durchgeführt. Oft wird die Besei-

tigung der Probleme jedoch an

die Subunternehmen delegiert

und die Unternehmen ziehen

sich aus der Verantwortung. Er-

gebnisse aus der Textilbranche

zeigen auch, dass Auditprozesse

oft nicht ausreichend sind, viel-

mehr müssten die „menschen-

rechtlichen Sorgfaltspflichten“

in die regulären Geschäftsprak-

tiken übernommen und Teil einer

Gesamtstrategie werden. Laut

CYS bietet prinzipiell die Struktur

der Lieferketten bei der Mehrheit

der Unternehmen Möglichkeiten,

mehr Verantwortung zu überneh-

men. Mangelhaft sind auch die

*Mag.

a

Nina Tröger

ist

Konsumforscherin in

der Abteilung Konsu-

mentenpolitik der AK

Wien.

FOTOS: AK Wien (1)

Projekt Faire Schuhe

Ausführliche Informationen und die Berichte zum Projekt samt

schnellen Überblick über die Ergebnisse finden Sie unter wien.

arbeiterkammer.at/faireschuhe

und

www.cleanclothes.at/schuhe

Zäh statt fair –

Schuhfirmen im Visier

Europäische Schuhfirmen übernehmen keine soziale Verantwortung

gegenüber den ArbeiterInnen und informieren auch die Konsumen-

tInnen unzureichend. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist oft viel zu we-

nig, zeigt ein EU-weites Projekt unter Beteiligung der Clean Clothes

Kampagne und GLOBAL 2000 auf.

Von Nina Tröger*

Betrieb

Kurzgefasst

Kein Unternehmen

setzt sich mit der Frage

auseinander, ob die

ArbeiterInnen in den

Produktionsstätten von

ihrem Einkommen leben

können. Lange Liefer-

ketten führen dazu, dass

die Verantwortung oft an

Subunternehmen über-

tragen wird.