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Aussagen der Firmen zur Verei-

nigungsfreiheit und Kollektivver-

handlungen: Teilweise lassen die

Unternehmen Gewerkschaften

zu, ein aktives Bekenntnis zur

Vereinigungsfreiheit – so wie das

dieUN-Richtlinienvorsehen–gibt

es jedoch nur von einem Unter-

nehmen. Die Firmen müssen hier

noch viel mehr Anstrengungen

unternehmen, um aktiv diesen

Zugang zu Arbeitnehmergrund-

rechten in den produzierenden

Ländern zu gewährleisten.

Wenig Wissen

ImVergleich zur Textilindustrie

haben KonsumentInnen recht

wenige Informationen über die

Produktionsbedingungen von

Schuhen und auch deren öko-

logische Auswirkungen. In einer

Befragung von 10.000 europä-

ischen BürgerInnen im Rahmen

des Projektes bekennen fast drei

Viertel aller Befragten, dass sie

wenig bis kein Wissen über die

Bedingungen in der Schuhpro-

duktion besitzen. Laut eigenen

Angaben geben die Österreiche-

rInnen im Schnitt 205 Euro pro

Jahr für Schuhe aus. Zwei Drittel

der ÖsterreicherInnen wären be-

reit, mindestens zehn Prozent

mehr für ökologisch und sozial

fair produzierte Schuhe zu be-

zahlen. 63 Prozent aller Europä-

erInnen sind der Meinung, die EU

soll bei den importierten Waren

auch auf die Sicherstellung von

Arbeitsrechten achten.

Auch in der Firmenbefragung

spiegelt sich die mangelnde

Transparenz wider: Es gibt kaum

oder nur sehr spärliche Informa-

tionen auf den Firmenwebseiten

über soziale oder ökologische

Standards. Ausnahme sind nur

eine Handvoll Firmen wie z.B.

Euro Sko: Das Unternehmen ver-

öffentlicht den Code of Conduct,

die Liste über ausgeschlossene

Substanzen sowie die Liste über

ihre Zulieferbetriebe und Leder-

gerbereien. Für KonsumentInnen

ist es im Allgemeinen äußerst

schwierig, sich über die Grund-

sätze der Firmen zu informieren.

Besonders bei den österreichi-

schen Betrieben besteht hier viel

Aufholbedarf.

Viele KonsumentInnen sehen

einen Zusammenhang zwischen

„Made in Europe“ und guten

Arbeitsbedingungen. Doch al-

lein der Produktionsstandort ist

noch kein Hinweis auf die Qua-

lität der Arbeitsbedingungen.

So klafft die Lücke zwischen

gesetzlichem Mindestlohn und

einem Lohn, von dem die eigene

Existenz gesichert ist, gerade in

Osteuropa oft stärker auseinan-

der als in asiatischen Ländern.

In Mazedonien etwa beträgt der

legale Mindestlohn 145 Euro mo-

natlich, um halbwegs gut über

die Runden zu kommen, würde

jedoch eine vierköpfige Familie

mindestens 726 Euro zum Leben

benötigen. Im Vergleich dazu

beträgt in China der gesetzliche

Mindestlohn 175 Euro, hier rei-

chen jedoch „schon“ 376 Euro

für ein Mindestauskommen.

Im Projekt wurden nicht nur

die sozialen Bedingungen in

der Produktion, sondern auch

die Umweltwirkungen der Fa-

brikate untersucht. Fleisch- und

Lederproduktion hängen zu-

sammen und verbrauchen viele

Ressourcen: Für ein Kilo roher

Rinderhaut werden 17.000 Liter

Wasser, 7,4 kg Getreide und 41

kg Viehfutter benötigt. Aus

Made in Europe ist überhaupt

kein Hinweis auf faire

Entlohnung.

www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 3/2016

Seite 23

Laut den UN-Leitprinzipien für

Wirtschaft und Menschenrechte sind

neben Staaten auch Unternehmen

dafür verantwortlich, regelmäßig die

Einhaltung der Arbeits- und Men-

schenrechte zu überprüfen. Dies betrifft insbeson-

dere große Konzerne, die oft lange Lieferketten und

viele Subkontraktoren haben. Wenn der gesetzliche

Mindestlohn eigentlich nicht zum Leben ausreicht,

sind Unternehmen auch verpflichtet, Maßnahmen

dagegen zu setzen. Das heißt, dass sich die Firmen

mit dem Thema existenzsichernde Löhne in den

Produktionsstätten auseinandersetzen müssen.

Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Lieferketten

transparent und rückführbar sind.

Wirtschaft und Menschenrechte

„UN-Leitprinzipien“

Umweltzeichen für Schuhe

Seit Juli 2014 gibt es in Österreich auch ein Umweltzeichen für

Schuhe: Hier müssen neben strengen Umweltkriterien auch

soziale Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Siehe:

www.umweltzeichen.at

Quelle:

cleanclothes.at/de

; LabourOnAShoestring

ª

32%

318

Polen

1000

26%

354

Slowakei

1360

22%

156

Rumänien

706

20%

145

Mazedonien

726

19%

164

Bosnien-Herzegowina

859

24%

140

Albanien

588

Schuhe „Made in Europe“ – zu Hungerlöhnen

Kluft zwischen gesetzlichem Mindestlohn und geschätztem Existenzminimum

Gesetzlicher Netto-Mindestlohn

in der Schuhindustrie 1. 1. 2016

Geschätztes niedrigstes

Existenzminimum einer

vierköpfigen Familie auf Basis

von Interviews mit Arbeitern