

Wirtschaft & Umwelt 3/2016
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immissionsschutzverordnung
(BStLärmIV) beschrittenen Weg
fort, generelle Regeln und Be-
urteilungsmaßstäbe für die Ge-
nehmigung von Autobahnen und
Schnellstraßen zu schaffen. Die
BAK unterstützt das auch, weist
aber auch auf die geäußerten
Bedenken hin. Kürzlich hat das
Bundesverwaltungsgericht den
Verfassungsgerichtshof wegen
des Verdachts der Gesetzwid-
rigkeit der BStLärmIV angerufen.
Damit setzt sich der Entwurf
nicht auseinander.
HO
Gentechnik
Moratorium für
Gene Drive
Die Internationale Natur
schutzunion (IUCN) hat ein
Moratorium für das soge-
nannte Gene Drive im Natur-
schutz beschlossen.
BeiGeneDrivehandeltessich
um eine Methode zur schnellen
Verbreitung vonGenen unter Po-
pulationen. ExpertInnen zufolge
ist ein Ziel dieser Technik, durch
gentechnisch manipulierte Tiere
oder Pflanzen unerwünschte
Arten gezielt auszurotten, z.B.
Insekten, die Krankheiten wie
Malaria oder Zika übertragen.
Dazu sollen etwa Mücken freige-
setzt werden, die gentechnisch
so verändert sind, dass sie sich
nicht fortpflanzen können und
gleichzeitig so dominant sind,
dass sie herkömmliche Mü-
cken schnell verdrängen wür-
den. Der Einsatz der neuesten
Technologie – der Genschere
CRISPR-CAS9 zur Herstellung
von Gene Drives – ermöglicht
es, in die Evolution einzugreifen
und das Schicksal einer ganzen
Spezies zu bestimmen. Damit
könnten Umweltveränderungen
von einem Ausmaß angestoßen
werden, das man sich bisher
nicht vorstellen kann, warnen
WissenschaftlerInnen.
SI
Interview: Klimaziele
Abschied vom Verbrennungsmotor?
Die norwegische Regierung kam mit dem ambitionierten Plan in die internationalen
Schlagzeilen, ab 2025 die Neuzulassung von Benzin- und Diesel-Pkw zu verbieten.
Soll wirklich so heiß gegessen werden, fragten wir den Direktor der norwegischen
Straßenverkehrsbehörde,
Terje Moe Gustavsen.
Was ist an diesem Plan dran? Soll dies
primär mit steuerlichen Instrumenten
gelingen?
Gustavsen:
Die Verkehrsbehörden
Norwegens haben einen gemeinsamen
Bericht erstellt, der als Planungsgrundlage
für den Nationalen Transportplan dienen
soll. Der Bericht enthält eine Vielzahl
klimapolitischer Maßnahmen, die im Sinn
des Abkommens von Paris zur Emissi-
onsreduktion in Norwegen beitragen. Ge-
genüber heute sollen im Transportsektor
die Emissionen bis 2030 halbiert werden.
Vieles davon soll durch ökonomische
Anreize erreicht werden, aber auch durch
andere Maßnahmen wie kostenloses oder
billigeres Parken sowie Infrastrukturaus-
bau für Null-Emissions-Fahrzeuge. Wir
müssen die Entwicklung der Treibhaus
gasemissionen genau beobachten, um die
Instrumente entsprechend anzupassen.
Der Vorschlag bedeutet nicht notwen-
digerweise ein Verbot von Diesel- oder
Benzin-Pkw.
Gab es Widerstand gegen den Plan?
Gustavsen:
Der Vorschlag fand viel Ak-
zeptanz. Es besteht weitgehend Einig-
keit, dass wir ehrgeizige Ziele brauchen.
Kritisch wurde eingewendet, dass wir das
Potenzial der technologischen Entwicklung
überschätzen könnten. Manche Umwelt-
NGOs meinen, wir sollten den Schwer-
punkt eher auf die Verringerung des
Transportvolumens legen. Zur Umsetzung
der ehrgeizigen Ziele benötigen wir aber
auch die Autoindustrie: die Reichweite der
Fahrzeuge muss steigen, und sie müssen
sich den vielfältigeren Anforderungen
anpassen.
Gibt es vergleichbare Pläne für den
Straßentransport?
Gustavsen:
Die Klimastrategie umfasst
auch Ziele für Busse, für den Güterfern-
transport und für die Distribution. Im
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
sollen ab 2025 nur mehr emissionsfreie
Busse neu zugelassen werden. Im Bus-
Fernverkehr sollen 2030 von den Neu-
fahrzeugen 75 Prozent emissionsfrei sein,
im Güterferntransport die Hälfte. In den
größeren Ballungszentren streben wir –
im Einklang mit den EU-Zielen – bis 2030
eine emissionsfreie Güterdistribution an.
Die technologische Entwicklung bei den
Bussen im ÖPNV ist weit gediehen; in
einigen größeren Städten laufen Versuche
mit Elektro- und Wasserstoff-Bussen. Bei
Lkw ist die Entwicklung nicht so weit,
aber einer der größten Logistiker hat
begonnen, Lkw auf Elektro- und Wasser-
stoffbasis zu testen.
Die Zahl der Elektroautos stieg 2015
in Norwegen von 38.600 auf 69.100,
also um etwa 80 Prozent. Damit lag
der Anteil von E-Autos 2015 bei 2,6
Prozent. Worauf sind diese – im inter-
nationalen Vergleich – hohen Zahlen
zurückzuführen?
Gustavsen:
Mitte 2016 waren es bereits
87.000 E-Autos. Ökonomische Anrei-
ze waren für diesen Erfolg wichtig, vor
allem die Befreiung von der Umsatz-
steuer und von der Maut. Die steuerliche
Begünstigung macht E-Autos gegenüber
Benzin- und Diesel-Pkw konkurrenzfä-
hig. Weiters wird die Ladeinfrastruktur
ständig besser, und Strom ist relativ
billig. Dadurch sind die Betriebskosten
gering. Gleichzeitig wurde zugelassen,
dass E- und Wasserstoff-Autos bei der
Einfahrt in größere Städte Busspuren
benutzen, sofern dies den anderen
Verkehr nicht behindert. Das hat sich
besonders für Pendler rund um Oslo als
attraktiv erwiesen.
*Terje Moe Gustavsen
war 2000-2001 Verkehrsminister Norwegens und leitet seit 2007
die norwegische Straßenverkehrsbehörde Statens Vegvesen.