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Wirtschaft & Umwelt 4/2016

Seite 9

Millionen Euro für gewässeröko-

logische Maßnahmen bereitge-

stellt werden. Auch bei den dies-

jährigen Budgetverhandlungen

wurden diese Fördermittel nicht

in Aussicht gestellt. Das heißt

weiterhin: Gewässerökologie

bitte warten. Denn angesichts

niedriger Strompreise und man-

gels Bundesförderungen wird die

Energiewirtschaft kaum in solche

Projekte investieren. Positiv ist,

dass für die nächsten fünf Jahre

im Zuge des Finanzausgleiches

zumindest jährlich 80 Mio. Euro

für die Siedlungswasserwirt-

schaft budgetiert sind.

SI

Deutschland

Verbot lauter

Güterwagen

Das deutsche Verkehrsminis-

terium legt einen Gesetzes-

entwurf für ein Verbot lauter

Güterwagen ab Ende 2020 vor.

Die Allianz pro Schiene un-

terstützt das Ziel, den Schienen-

lärm in Deutschland bis 2020

zu halbieren. Ein ganz wichtiger

Schritt für lärmgeplagte Anwoh-

nerInnen von Bahnstrecken.

Kritisch angemerkt wird, dass

laute Güterwagen in Ausnahme-

fällen durch Tempolimits leiser

gemacht werden können. Das

macht solche Güterzüge zwar

leiser, diese verstopfen aber das

Netz. Ein vollständiges Verbot

scheitert allerdings an der EU.

Eine EU-weite Regelung fehlt.

Das deutsche Verkehrsministe-

rium hat zuletzt mehrere Pro-

gramme für den verbesserten

Lärmschutz aufgelegt. Um die

älteren Güterwagenflotten mit

Flüsterbremsen auszurüsten,

hat es zudem ein Förderpro-

gramm über 152 Millionen Euro

aufgelegt. Für die Jahre 2016

bis 2018 sieht die deutsche

Bundesregierung weitere Inve-

stitionen beim Lärmschutz vor.

www.allianz-pro-schiene.de

HO

Interview mit ÖGB-Präsident Erich Foglar

Gewerkschaften im (Klima-)Wandel

Im KLIEN-geförderten Forschungsprojekt „Trafo Labour“ wurde von 2014 bis 2016 die

Rolle der Interessenvertretungen österreichischer ArbeitnehmerInnen in der Gestal-

tung des sozial-ökologischen Wandels erforscht.

ÖGB-Präsident Erich Foglar

hat die

öffentliche Abschlussveranstaltung in der Urania eröffnet.

Wie sehen die Gewerkschaften die

klimapolitischen Herausforderungen?

Foglar:

Der Klimawandel ist eine der

größten globalen Herausforderungen

unserer Zeit. Aus Sicht des ÖGB und

seiner Gewerkschaften braucht es einen

grundsätzlichen Paradigmenwechsel hin

zu einer nachhaltigen Produktions- und

Konsumweise. Dabei dürfen wir uns nicht

auf rein technische und marktbasierte

Lösungen verlassen. Schließlich haben

unter anderem der freie Markt und das

Prinzip der Selbststeuerung über Profite

den Klimawandel entscheidend vorange-

trieben. Wir müssen alles daransetzen,

die Trendwende in der Klimapolitik nicht

zuletzt durch internationale Initiativen wie

die Vereinbarungen im Pariser-Klimaab-

kommen von 2015 zu erreichen.

Welche Vorbehalte gab es früher ge-

gen die Klimapolitik, wie ist das heute?

Foglar:

Es geht darum den CO

2

-Ver-

brauch weltweit stark einzuschränken.

Gleichzeitig darf die eigene Industrie,

welche mittlerweile hohe Umweltstan-

dards einhält, als einer der wichtigsten

Wertschöpfungs- und Beschäftigungsbe-

reiche nicht geschädigt werden. Dieses

Spannungsfeld hat in der Vergangenheit

manchmal dazu geführt, dass bestimmte

Maßnahmen von Gewerkschaftsseite

kritisiert wurden. Bei der Bewältigung

des Klimawandels dürfen wir nicht auf

die ArbeitnehmerInnen selbst und ihre

Interessen vergessen. Nur dann werden

wir ausreichend Rückhalt in der Bevöl-

kerung für notwendige Veränderungen

in der Klima- und Umweltpolitik und für

ein nachhaltiges ökologisch-soziales

Wirtschaften bekommen.

Würden diese Änderungen auch Chan-

cen für ArbeitnehmerInnen bringen?

Foglar:

Chancen eröffnen sich vor allem

dann, wenn es eine umsichtige staatliche

Steuerung des ökologischen Wandels

gibt und die richtigen umwelt-, wirt-

schafts- und gesellschaftspolitischen

Entscheidungen auf europäischer Ebene

abgestimmt und koordiniert getroffen

werden. Bei der Entwicklung und Im-

plementierung alternativer Technologien

können neue hochwertige Arbeitsplätze

entstehen. Das gilt natürlich im Spezi-

ellen für den Bereich der erneuerbaren

Energien. Ein Beschäftigungsplus ist z.B.

durch den Ausbau der öffentlichen Ver-

kehrsinfrastruktur sowie durch verstärkte

thermische und energetische Sanierun-

gen zu erwarten.

Was sind Kernforderungen der Ge-

werkschaften für faire klimapolitische

Maßnahmen?

Foglar:

Grundsätzlich plädieren wir für

eine breite gesellschaftliche Debatte auf

Basis wissenschaftlicher Fakten. Die Art

und Weise unseres Wirtschaftens und

Konsumierens muss sich rasch und

tiefgreifend ändern. Wir benötigen eine

Ökologisierung aller Lebensbereiche. Das

betrifft in erster Linie die Bereiche

Wohnen, Verkehr sowie die Erzeugung

von Produkten und Dienstleistungen.

Gleichzeitig sollen ökologische Umge-

staltungen die finanziell schwachen

Bevölkerungsschichten nicht noch

stärker belasten. Der Kampf gegen den

Klimawandel darf nicht auf Kosten der

Lebensqualität und Chancen Einkom-

mensschwacher geführt werden. Wir

müssen insbesondere die Frage der

Verteilung von Ressourcen und des

Zugangs zu diesen wieder stärker in den

Fokus rücken, weshalb eine Demokrati-

sierung in Wirtschaftsfragen auch

dringend benötigt wird.

*Erich Foglar

erlernte den Beruf des Werkzeugmachers bei der Firma Philips, wo er

auch viele Jahre als Betriebsrat tätig war, übte anschließend verschiedene Funktionen

in der damaligen Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie (später „Metall-Textil“) aus und

ist seit Dezember 2008 Präsident des ÖGB.