AK Stadt · Seite 9
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und unklar ist, was durch eine Transpa-
renz in den Verträgen nicht beseitigt wird.
Das Richtwertmietzinssystem ist also eine
gesetzliche Regelung, die in der gelebten
Praxis systematisch nicht beachtet und
generell nur dann wirksam wird, wenn die
geschützten Personen die Gerichte in An-
spruch nehmen.
Kein Abschlag für befristete Mieten
Eigentlich sieht das Mietrechtsgesetz auch
vor, dass zeitlich befristete Mieten billiger
sind. Ein Abschlag von 25 Prozent zu unbe-
fristeten Mieten sollte die Norm sein. Doch
die Wirklichkeit sieht anders aus, wie eine
Untersuchung des Wirtschaftsforschungs-
instituts (WIFO) zeigt. Während bei den
Neuvermietungen von Gemeinde- und Ge-
nossenschaftswohnungen diese Vertrags-
form keine Rolle spielt, ist die Befristung im
privaten Bereich mittlerweile die Regel. Im
Jahr 2011 waren etwa 63 Prozent der neu
abgeschlossenen privaten Mietverträge
befristet. Zu den hohen Kosten einer priva-
ten Mietwohnung kommt damit meist auch
noch eine substantielle Unsicherheit der
Wohnverhältnisse. Statistisch unterscheidet
sich der Mietpreis einer unbefristet vermie-
teten Wohnung kaum von einer befristeten.
Das WIFO dazu: „Ein Abschlag für befristet
vergebene Wohnungen ist aus den Mikro-
zensus Daten daher nicht erkennbar.“ Ob-
wohl bei Altbauwohnungen ein Befristungs-
abschlag von 25 Prozent gesetzlich vorge-
schrieben ist, sind befristete Mietverträge in
Teilbereichen sogar teurer als unbefristete.
Die festgelegte Mietenbegrenzung durch
das Richtwertmietzinssystem wirkt nicht –
auch im Vergleich zu den frei vermietbaren
Wohnungen. Denn gemäß Mikrozensus
unterscheidet sich das Mietzinsniveau nicht
von den Mieten am freien Markt.
à
Geförderter Miet-Wohnbau in Wien
Welthauptstadt des Wohnbaus
In Wien hat
der soziale Wohn-
bau eine Tradition, die bis in
die Zwischenkriegszeit zurück-
reicht. Über Jahrzehnte hat
die Gemeinde Wien den Groß-
teil des günstigen Mietwoh-
nungsangebotes selbst gebaut.
Zuletzt wurden die Wohnbau
förderungsmittel hauptsächlich
an gemeinnützige Bauverei-
nigungen („Genossenschaf-
ten“) vergeben, die auch noch
heute für den Löwenanteil des
Bauvolumens in der Stadt ver-
antwortlich sind, etwa für die
Stadterweiterungsgebiete Sonn-
wendviertel und Flugfeld Aspern.
Dort werden in den nächsten
Jahren mehr als 15.000 Woh-
nungen errichtet.
Laut Statistik Austria
(Daten
aus 2011) gibt es in Wien rund
366.000 Haushalte, die ihren
Hauptwohnsitz in einer geför-
derten Mietwohnung haben.
Davon entfallen rund 203.000
auf Gemeindewohnungen und
rund 163.000 auf Wohnungen
von gemeinnützigen Bauverei-
nigungen. Etwa 58 Prozent aller
Mieterhaushalte leben also in
einer Gemeinde- oder Genos-
senschaftswohnung. Dadurch ist
das durchschnittliche Mietenni-
veau im internationalen Vergleich
noch immer günstig.
Die Miete bei
einem im Jahr
2011 abgeschlossenen neuen
Mietvertrag kostete bei den
Gemeindewohnungen im Schnitt
6,30 €/m², bei den gemein-
nützigen Bauvereinigungen
lagen die Kosten mit 7,20 €/
m² etwas höher. Damit ist die
„Brutto-Kaltmiete“ gemeint, das
heißt Hauptmietzins inklusive
Betriebskosten und Umsatz-
steuer, die Ausgaben für Hei-
zung und Strom sind nicht
inkludiert. Zum Vergleich: Die
Miete bei einem 2011 abge-
schlossenen Mietvertrag über
eine private Mietwohnung kos-
tete durchschnittlich 10 €/m².
Der Kostenunterschied zwi-
schen
Gemeinde- und privaten
Mietwohnungen beträgt satte
3,70 €/m²/Monat. Für eine Woh-
nung mit 80 m² sind das monat-
lich rund 300 € und damit etwa
3.600 € im Jahr. Ein Durch-
schnittsverdiener erspart sich
damit mindestens zwei Netto-
monatsgehälter. Bei Genossen-
schaftswohnungen beträgt die
jährliche Ersparnis rund 2.700 €.
Der geförderte Wohnbau hebt
den Lebensstandard der Mie-
terInnen also beträchtlich an.
Zudem hat der traditionsreiche
geförderte Wiener Mietwohnbau
eine Verschuldungs- und Immo-
bilienkrise, wie es sie in vielen
anderen Ländern gegeben hat,
effektiv verhindert.
Bei einer Gemeindewohnung im Vergleich zu einer privaten Mietwohnung spart die
MieterIn für eine Wohnung mit 80 m
2
rund 3.600 Euro pro Jahr.
Im Gegensatz zu Neuvermie
tungen von Gemeinde- und
Genossenschaftswohnungen
sind befristete Mietverträge im
privaten Bereich die Regel.