

Noch Fragen?
wien.arbeiterkammer.atAK FÜR SIE 10/2017
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W
er nicht von hier ist, versteht
das nicht“, sagt Luisa. „So vie-
le Verbotsschilder auf einem
Haufen habe ich noch nie ge-
sehen.“ Die Schülerin kommt nicht aus
dem Bombardierviertel. Sie ist auf dem
Weg zu einer Freundin.
Schilderwald
Denn gerade am Fußweg, der auf den Sat-
zingerweg hinläuft, häufen sich die Ver-
botsschilder: Rollerfahren verboten, fixe
Ruhezeiten auf den Spielplätzen. Der
Schilderwald erzählt still von vielen lauten
Konflikten: Die einen wollten mehr Ruhe,
die anderen mehr Freiraum.
„Was fehlt, ist ein aktives Management
des Zusammenwohnens. Das ist gerade in
neuen Stadtentwicklungsgebieten, wo viele
neu hinzuziehen, ganz wichtig. In der See-
stadt Aspern gibt es dieses Stadtteilma-
nagement, und das Zusammenleben funkti-
oniert besser“, sagt Thomas Ritt, Leiter der
AK Abteilung Kommunalpolitik. „Im Bom-
bardierviertel gibt es einen sehr attraktiven
Spielplatz, aber drum herum fehlen Ange-
bote etwa für Jugendliche. Wenn sich dann
alle Altersgruppen am selben Ort treffen,
kommt es fast zwangsläufig zu Konflikten.
Es braucht dort attraktive Treffpunkte im
neuen und in den alten Vierteln“, sagt Ritt.
„Das muss anders werden: Schon bei der
Planung soll eine Stadt entstehen, nicht
einfach lauter Häuser.“
Stadtviertel verbinden
In den vergangenen Jahren sind bis zu
40.000 Menschen pro Jahr neu in die
Stadt gekommen. Die Arbeiterkammer hat
„Eine Stadt, nicht
lauter Häuser“
Eine AK Studie zeigt: Fürs Zusammenwachsen
von Stadtquartieren kann gute Planung viel tun.
Foto: Erwin Schuh
in einer Studie untersucht, wie das Zusam-
menwachsen von alten und neuen Stadt-
quartieren funktioniert. Neben dem Bom-
bardierviertel und der Seestadt Aspern
stand auch das Sonnwendviertel gleich
neben dem neuen Hauptbahnhof auf dem
Prüfstand.
Im Sonnwendviertel gibt es viele Fir-
men in den Erdgeschoßen. Aber oft mit
blickdicht verklebten Scheiben, weil etwa
eine Anwalts- oder Physiotherapiepraxis
keinen Blick nach innen wünscht. Ritt: „Wir
brauchen alle kleinen Betriebe, aber was
im Erdgeschoß angesiedelt wird, prägt
das urbane Leben.“ Wenn also ein geziel-
tes Erdgeschoßmanagement der Stadt-
planung dafür sorgt, dass Betriebe mit of-
fenen Schaufenstern, dass Cafés und
Geschäfte für den täglichen Bedarf in die
Erdgeschoße kommen, gehen die Men-
schen dort gern flanieren. Dann haben
auch die BewohnerInnen der „alten“
Stadtquartiere nebenan etwas vom Bau-
Boom in der Nachbarschaft.
Raum für jedes Alter
Wichtig ist der AK, dass dabei alle Alters-
gruppen mitgedacht werden: Ältere Men-
schen, die in Ruhe in der Sonne sitzen wol-
len, junge Familien, die saubere Spielplätze
wollen, und Jugendliche, die sich in Skater-
parks oder in Jugendcafés treffen wollen.
„Wien verändert sich rasant. Die Stadt
und die Bezirke müssen noch mehr darauf
achten, dass auch die Alteingesessenen
etwas von dieser Veränderung haben.
Dann werden neue Stadtviertel akzeptiert“,
so Ritt.
n
U.B.
Im Bombardierviertel ist vieles verboten.
Konflikte werden zu wenig ausgehandelt.
Am Ende steht ein Schilderwald
Blickdicht verklebte Scheiben. Eine blühen-
de Flaniermeile braucht andere Geschäfte in
den Erdgeschoßzonen