Ü
berhaupt keine Frage: Luftver-
schmutzung hat massive Gesund-
heitsfolgen. Erst letztes Jahr stellte die
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
fest, dass 2010 in den 53 Ländern der
europäischen Region der WHO rund
600.000 Menschen vorzeitig aufgrund
von Krankheiten verstarben, die direkt
im Zusammenhang mit der Luftver-
schmutzung stehen. Obwohl aus ärzt-
licher Sicht die Schädlichkeit schon
seit langem feststeht, werden noch
immer die Gesundheitsrisiken unter-
schätzt. Das haben auch die ahnungs-
losen bis verharmlosenden Kommenta-
re anlässlich des VW-Abgas-Skandals
bestätigt.
Schadstoffe und Gesundheit
Obwohl eine Reihe von Luftschad-
stoffen für die Gesundheitsfolgen ver-
antwortlich sind, stehen Stickstoffoxi-
de, Feinstaub und Ozon im umweltme-
dizinischen Fokus.
Feinstaubteilchen unterschiedlicher
Herkunft und Zusammensetzung sind
vor allem wegen ihrer Winzigkeit be-
drohlich. Besonders Partikel mit einem
Durchmesser kleiner 0,1 Mikrometer
(µm; PM
0,1
Ultrafeinstaub) dringen tief
in die Atemwege ein und können sich
von dort aus über den Blutkreislauf im
gesamten Organismus verteilen.
Die gesundheitsschädigenden
Wirkungen von Feinstaub sind wis-
senschaftlich vielfach nachgewiesen:
Beeinträchtigungen des Schwanger-
schaftsverlaufes, Entzündungen der
Atemwege (Bronchitis, Asthmaanfälle),
verminderte Lungenfunktion, akuteMit-
telohrentzündungen, Beeinträchtigun-
gen der geistigen Leistungsfähigkeit,
Schädigungen des Herz-Kreislauf-Sys-
tems (z.B. Herzinfarkt), Lungenkrebs
etc.
Speziell problematisch ist, dass auf
Basis gut abgesicherter wissenschaft-
licher Grundlagen kein Schwellenwert
für die Expositions-Wirkungs-Bezie-
hungen abgeleitet werden konnte. Das
bedeutet, dass es keine Konzentra-
tionsgrenze gibt, unterhalb derer die
Feinstaubbelastung keine gesund-
Fotos: MAtern_mun_2015 (1), istock/subtik (1), Schuh (1)
*Hans-Peter Hutter,
OA Assoz.-Prof.
Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med., ist
Facharzt für Hygiene und Mikrobio-
logie – Schwerpunkt Umweltmedizin
und Landschaftsökologe.
Luftverschmutzung
macht krank
www.ak-umwelt.atSeite 14
Wirtschaft & Umwelt 1/2016
Kurzgefasst
Feinstaub, Stickstoffoxide und
Ozon führen zu frühzeitigen
Todesfällen und verursachen
Kosten für die Volkswirtschaft
in Milliardenhöhe. Aufgrund der
wissenschaftlichen Erkennt-
nisse zu Dosis-Wirkungsbe-
ziehungen ist jede Reduktion
dieser Luftschadstoffe mit
einem messbaren gesundheit-
lichen Benefit für die Bevölke-
rung verbunden. Alle Befunde
sprechen für einen dringlichen
Handlungsbedarf.
Luftverunreinigungen haben gravierende Auswirkungen
auf die Gesundheit, was von Politik und Bevölkerung
nach wie vor zu wenig ernst genommen wird. Dadurch
fehlt auch der Wille zur Umsetzung tiefgreifender Maß-
nahmen. Das muss sich ändern.
Von Hans-Peter Hutter *
Schwerpunkt
Luftverschmutzung
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