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Seite 18

Wirtschaft & Umwelt 1/2016

K

limawandel, Feinstaub, bodennah-

es Ozon, saurer Regen – die physi-

kalischen und chemischen Eigenschaf-

ten von Luftschadstoffen, insbeson-

dere deren lange Verweildauer in der

Atmosphäre und der damit verbundene

Ferntransport über nationale Grenzen,

machen lokale oder nationale Allein-

gänge zu ineffizienten Instrumenten der

Klima- und Luftreinhaltepolitik.

Als klassische Beispiele gelten das

Waldsterben in Mitteleuropa und die

Versauerung von Seen in Skandinavi-

en. Damals weitgehend unerforscht,

bewirkte der Ferntransport von Luft-

schadstoffen Umweltschäden in entle-

genen Gebieten, eine unbeabsichtigte

Folge der „Politik hoher Schornsteine“,

die in den 1960er Jahren Abhilfe für die

chronischen Smogsituationen in Städ-

ten (z.B. London) und Industriezonen

(Ruhrgebiet) bringen sollte.

Effiziente Verbesserung erwirkte erst

internationale Zusammenarbeit über

die vorhandenen Länder- und Block-

grenzen hinweg, insbesondere im Rah-

men der für diesen Zweck ins Leben ge-

rufenen Genfer Konvention zur grenz-

überschreitenden Luftreinhaltung.

Österreich agierte zu dieser Zeit als

internationaler Vorreiter. Strenge Um-

weltauflagen, verbunden mit verringer-

ter Kohleverbrennung, ließen heimische

Emissionen von Schwefeldioxid (SO

2

),

der wichtigsten Vorläufersubstanz des

„Sauren Regens“, um mehr als 90 Pro-

zent zurückgehen. Ähnliches wurde

auch in anderen europäischen Staaten

erreicht, allerdings mit etwas Verzöge-

rung. Das Ausbleiben der von manchen

Seiten vorhergesagten Katastrophe

des Waldsterbens ist angesichts die-

ser drastischen Verminderung nicht

wirklich verwunderlich, wird aber oft als

Argument gegen die Glaubwürdigkeit

wissenschaftlicher Abschätzungen von

potenziellen Umweltfolgen eines unge-

hemmten Wachstums angeführt.

Neue Erkenntnisse

Seither etwas in Vergessenheit ge-

raten, gewinnt der Ferntransport von

Luftschadstoffen durch neue medizi-

Fotos: istock/ adrian Hancu (1)

*Dr. Markus Amann

ist Direktor des ‚Air

Quality Management and Greenhouse Ga-

ses‘ Programms am Internationalen Institut

für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in

Laxenburg

(www.iiasa.ac.at

).

Die Grenzenlosigkeit der

Luftverschmutzung

Kurzgefasst

Neue medizinische Studien

stellen klare Zusammenhänge

zwischen der Belastung mit

Feinstaub und den häufigs-

ten Todesursachen her. Um

internationale Grenzwerte zu er-

reichen, müssten Maßnahmen

in Sektoren getroffen werden,

die bis jetzt nicht im Fokus der

Luftreinhaltepolitik gestanden

sind. Insbesondere kann eine

effiziente Verbesserung der

Luftqualität in Österreich nur in

internationaler Zusammenarbeit

erreicht werden.

Österreich sieht sich international gerne als

Umweltmusterland, insbesondere bei der Luftrein­

haltung. Allerdings liegt die Zeit, in der Österreich

eine treibende Kraft im europäischen Umfeld war,

bereits lange zurück.

Von Markus Amann*

Schwerpunkt

Luftverschmutzung