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Wirtschaft & Umwelt 3/2015
Betrieb
Nicht nur Gefahrstoffe, auch Geräte und Gegenstände verursachen Unfälle
Während die selbständigen
Landwirte in der Sozialversiche-
rung der Bauern u.a. kranken-
und unfallversichert sind, ist für
die Krankenversicherung der
Landarbeiter die jeweilige Ge-
bietskrankenkasse zuständig,
für deren Unfallversicherung die
Allgemeine Unfallversicherungs-
anstalt (AUVA). Dementspre-
chend sind auch Präventions-
programme der Unfallversiche-
rungsträger unterschiedlich.
Wie der Name sagt, gel-
ten die Bestimmungen zum
ArbeitnehmerInnenschutz nur
für ArbeitnehmerInnen – also
nicht für Selbständige. Im Zu-
sammenhang mit Chemikalien
hat dies zur Folge, dass etwa
Vorschriften über die Einhaltung
von Arbeitsplatzgrenzwerten,
über die Unterweisung der Ar-
beitnehmerInnen bis hin zu den
Bestimmungen über persönliche
Schutzausrüstung und über Be-
schäftigungsverbote nur für die
15 Prozent unselbständig Be-
schäftigten greifen.
Das heißt aber nicht, dass
der verbleibende Teil – die 85
Prozent selbständig Tätigen – im
gesetzesfreien Raum arbeiten.
Auch sie haben etwa beim Um-
gang mit gefährlichen Stoffen
Schutzmaßnahmen einzuhalten,
vor allem diejenigen, die gemäß
der REACH-Verordnung der EU
im Sicherheitsdatenblatt ange-
führt sind. Für den Umgang mit
Pflanzenschutzmitteln gelten
wegen der verfassungsmäßigen
Kompetenzverteilung zwischen
Bund und Ländern neun ver-
schiedene Landes-Pflanzen-
schutzmittelgesetze, die etwa
allgemeine Verwendungsbe-
stimmungen und Ausbildungs-
erfordernisse regeln. Welche
Pflanzenschutzmittel überhaupt
auf den Markt kommen dür-
fen, ist mittlerweile durch eine
EU-Verordnung geregelt, also
durch einen Rechtsakt, der in
allen Mitgliedstaaten unmittelbar
anzuwenden ist.
Die Belastungen für die Ge-
sundheit in der Landwirtschaft
sind sehr vielfältig. Die Exposi-
tion gegenüber Chemikalien ist
nur ein Faktor neben mehreren,
die Schäden und Krankheiten
hervorrufen können. Je nach Tä-
tigkeit und Sektor kommen etwa
Infektionskrankheiten, Erkran-
kungen des Bewegungsappa-
rats, Unfälle durch Geräte oder
Gegenstände sowie durch Tiere
dazu. Die in der Landwirtschaft
tätigen Männer und Frauen sind
Die ILO, die Internationale Arbeitsorgani-
sation der UNO (
http://www.ilo.org), hat
schon in den Sechziger und Siebziger
Jahren Leitlinien für die Verbesserung des
Gesundheitsschutzes und der Sicherheit
in der Land- und Forstwirtschaft
herausgegeben. Weltweit arbeitet
etwa die Hälfte der Menschen in
diesem Bereich, entsprechend
hoch ist dort daher auch die Zahl
der Unfälle und Erkrankungen.
Mit dem Übereinkommen 184 über den
Arbeitsschutz in der Landwirtschaft hat
die ILO im Jahr 2001 ein Instrument
geschaffen, das die unterzeichnenden
Staaten anhält, „eine in sich geschlossene
innerstaatliche Politik auf dem Gebiet des
Arbeitsschutzes in der Landwirtschaft
festzulegen, durchzuführen und regelmä-
ßig zu überprüfen.“ Eine Reihe von Be-
stimmungen – etwa über die Festlegung
der Rechte und Pflichten der Arbeitneh-
merInnen und über die Aufsicht
und den Vollzug der Vorschriften
– konkretisiert diese Zielsetzung. Zu
den einzelnen Regelungsbereichen,
unter anderem zu chemischen
Stoffen, sind die jeweiligen Schutz-
maßnahmen kurz beschrieben, die die
Mitglieder erlassen müssen.
Wie viele ILO-Konventionen leidet auch
diese daran, dass bisher sehr wenige
Länder sie unterzeichnet haben. Auch
Österreich ist noch säumig.
ILO-ÜBEREINKOMMEN 184
ARBEITSSCHUTZ IN DER LANDWIRTSCHAFT
ª
FOTOS: EVA MARIA LEODOLTER (1), SCHUH (1)