wohl noch verstärken, denn die EU
setzt vermehrt sowohl auf erneuerbare
Energiequellen als auch auf die Futter-
mittelproduktion.
Nutzungskonflikte
Gundula Prokop beschreibt in ihrem
Beitrag zur Veranstaltung „Bodenver-
brauch in Österreich – Ist die Versor-
gungssicherheit in Gefahr?“ das globale
Thema des Bodenverbrauchs: „Die bes-
ten Böden sind in den reichsten Ländern.
Nur zwölf Prozent derWeltböden sind für
den Ackerbau geeignet. Davon befinden
sich rund zwei Drittel auf der nördlichen
und nur etwa ein Drittel auf der südlichen
Erdhalbkugel. Nahezu alle Konsumgü-
ter, die in der EU verbraucht werden,
benötigen Boden, dazu zählen Lebens-
mittel, Tierfutter, Textilien, Mineralien,
aber auch Brennstoffe.“ Sie zitiert eine
Studie des Sustainable Europe Research
Instituts (SERI), die angibt, dass sich 60
Prozent des für die in Europa notwendi-
gen Konsumgüter verbrauchten Bodens
außerhalb der EU befinden. Dieser Pro-
zess wird als „Landimport“ bezeichnet.
Als eine Lösung schlägt sie eine Ver-
änderung der Ernährungsgewohnheiten
vor, da diese einen erheblichen Einfluss
auf die Menge benötigter Agrarflächen
haben. In Österreich, wie auch dem Rest
von Europa, wird eine erhebliche Menge
an Fleisch konsumiert. Diese benötigt im
Vergleich zur Ernährungmit pflanzlichen
Produkten weit mehr Fläche: so sind im
Durchschnitt sieben pflanzliche Kalorien
notwendig, um eine Kalorie Fleisch zu
erzeugen. Daher wäre mittelfristig eine
Reduktion des Fleischkonsums sowie
des Konsums von tierischen Produkten
zielführend. Prokop zitiert dazu das ös-
terreichische Forschungsprojekt GERN,
das bei konventioneller Landwirtschaft
zu dem Schluss kommt, dass bei einer
entsprechenden Reduktion des Konsums
von Fleisch sowie tierischer Produkte der
Flächenverbrauch um bis zu 30 Prozent
verringert werden könnte.
MitdemsteigendenBedarfvonFleisch
und tierischen Produkten sowie Energie
in Ländernwie China und Indienwird der
Druck auf produktive Agrarflächen noch
stärker steigen. Ein Umdenken in der Er-
nährung, im Ressourcenverbrauch und
im Umgang mit erneuerbaren Energien
ist unerlässlich.
£
Schwerpunkt
Seite 24
Wirtschaft & Umwelt 3/2013
Interview folgt
*
Dipl. Ing. Hans Emrich, MSc
ist staatlich
befugter und beeideter Ziviltechniker,
Ingenieurkonsulent für Raumplanung und
eingetragener Mediator, Supervisor – ÖVS
Was bedeutet Flächenverbrauch
für einen Raumplaner?
Emrich:
Der Begriff Flächenver-
brauch ist etwas irreführend, da
die Flächen ja nicht tatsächlich
„verbraucht“, also verschwunden
sind, sondern eigentlich nur anders
als ursprünglich genutzt werden.
Diese „Umnutzung“ erfolgt zumeist
gemäß den gängigen gesellschaft-
lichen Werten. So ist es z.B. relativ
akzeptiert, dass der Landwirtschaft
Flächen entzogen werden, um
Siedlungen oder Straßen zu bauen.
Intakte naturbelassene Flächen
umzunutzen bzw. zu „verbrauchen“
findet weit weniger Akzeptanz.
Grundsätzlich verbindet man aber
mit dem Flächenverbrauch eine
Reduktion der Biodiversität und/
oder eine gänzliche oder teilweise
Versiegelung.
Welche Art von Flächenver-
brauch ist am schädlichsten?
Emrich:
Das sind die nach wie
vor stark wachsenden Gebiete
für freistehende Einfamilienhäu-
ser – also die Realisierung des
„kleinen Schlosses für jedermann“.
Einerseits sind die Grundstücke
vergleichsweise groß, anderer-
seits zeigt die Erfahrung, dass in
diesen Gebieten mindestens ein
Drittel der Grundstücke unbebaut
bleiben. Darüber hinaus wohnen
in diesen Siedlungen die Men-
schen so locker, dass man ihnen
keinen wirtschaftlich sinnvollen
öffentlichen Verkehr anbieten kann.
Daher verursachen Siedlungen mit
freistehenden Einfamilienhäusern
immer mehr Autoverkehr. Dieser
Autoverkehr braucht wiederum
neue und immer breitere Straßen.
Gibt es nicht schon ausreichend
Flächen für Straßen?
Emrich:
Grundsätzlich ja, aber
– es wird nach wie vor gebaut:
Beispielsweise werden „alte“ Um-
fahrungsstraßen oft von den wach-
senden Siedlungen „eingeholt“,
können ihrer Funktion nicht mehr
nachkommen und werden dann
wieder ein Stück nach außen ver-
legt. Da könnte eine schlaue Raum-
planung viel Positives beitragen. Oft
wird auch der Bau von Autobahnen
und Schnellstraßen damit begrün-
det, dass Siedlungsgebiete vom
Autoverkehr entlastet werden. Es
gibt aber damit nicht weniger Autos,
sondern es wird attraktiver mit dem
Auto zu fahren, was wieder deren
Zahl zunehmen lässt. Dann sind
wieder mehr Straßen erforderlich.
Lässt sich der Flächenverbrauch
reduzieren?
Emrich:
Dazu gäbe es folgende
Vorschläge: Die Flächen, die
beansprucht werden, möglichst
klein halten. Bei tatsächlich bean-
spruchten Flächen auf eine hohe
Mehrfachnutzbarkeit achten. Den
Versiegelungsgrad gering, dafür die
Biodiversität hoch halten. Bereits
wirklich verbrauchte Flächen,
also z. B. Brachen, wieder in Wert
setzen. Dazu braucht es allerdings
neben engagierten PlanerInnen eine
aufgeschlossene Bevölkerung und
eine mutige Politik!
Interview mit Raumplaner Hans Emrich
Flächenverbrauch im ländlichen Raum
Die Landflucht lässt die Städte wachsen. Städter wiederum drän-
gen ins „Grüne“, ins jeweilige Stadtumland. Die Folge sind die
berüchtigten „Speckgürtel“. Gibt es noch genug Flächen? Und: Wie
können sie optimal und nachhaltig genutzt werden?
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