Die Stadtregionen Österreichs werden in den nächsten Jahren
deutlich wachsen, am stärksten Wien und sein Umland. Bis
2030 müssen für den Bevölkerungszuwachs nicht nur Wohn-
bauten errichtet werden. Will man die städtische Lebensqualität
halten, sind daneben auch große Investitionen in die soziale und
technische Infrastruktur notwendig.
Von Christian Pichler*
sterreich wächst. Gemäß den
aktuellen Bevölkerungsprog-
nosen wird die österreichische
Bevölkerung in den nächsten Jahren
und Jahrzehnten deutlich steigen. Dies
jedoch nicht gleich verteilt über das ge-
samte Bundesgebiet, sondern mit star-
ker Fokussierung auf städtische Agglo-
merationsbereiche. Das heißt, Landes-
hauptstädte und ihre Umlandbereiche,
die sogenannten Speckgürtel, boomen.
Ländliche, strukturschwache Regionen
müssen teils deutliche Bevölkerungs-
rückgänge bewältigen. Diese Entwick-
lung, die für alle Bundesländer mit Aus-
nahme von Kärnten vorhergesagt wird,
wird besonders deutlich und ausgeprägt
fürWien und die gesamte Ostregion pro-
gnostiziert.
Wien wächst
Nach langen Jahren der Stagnation
wächst Wien seit dem Jahr 2000 wieder
ummehr als 15.000 Einwohner pro Jahr.
Neueste Prognosen lassen erwarten,
dass Wien bereits im Jahre 2030 wieder
die Zwei-Millionen-Einwohner-Grenze
überschreiten könnte. Das würde ein
Mehr an Wohnbevölkerung in der Grö-
ße von Graz (ca. 270.000) bedeuten. Zu-
letzt hatte Wien nach 1900 solch hohe
Bevölkerungszahlen gehabt.
Graz steht für diese Einwohnerzahl
eine Fläche von rund 125 km
2
zur Ver-
fügung. Das Wiener Stadtgebiet mit
seinen rund 415 km
2
wird hingegen un-
verändert bleiben. Das heißt, zentrale
Herausforderungen für die zukünftige
städtische Entwicklung sind die Fragen:
Wo undwie wird diesesWachstum statt-
finden? Welche Reaktionsmöglichkei-
ten ergeben sich für die Stadt? Ist dieses
Wachstum überhaupt auf dem vorhan-
denen Stadtgebiet abdeckbar?
Ungleichverteilung
Die Stadtstruktur Wiens ist charak-
terisiert durch ein zumindest statistisch
ausgewogenes Verhältnis zwischen be-
bauten Flächen und Verkehrsflächen
einerseits und Grün- und Wasserflächen
andererseits. Die Detailbetrachtung der
Bezirke macht aber eines sehr deutlich:
Rahmenbedingungen und Ausgangsla-
gen sind nicht überall gleich.
Der größte Wiener Gemeindebezirk,
die Donaustadt, weist einen Grünflä-
chen- und Gewässeranteil von mehr als
55 Prozent auf. Nur etwas mehr als ein
Viertel der Bezirksfläche ist verbaut. Im
Gegensatz dazu werden Bezirke inner-
halb des Gürtels – wie etwa Mariahilf,
Neubau und die Josefstadt – durch eine
dichte Bebauung geprägt. Die Grünflä-
chenanteile in diesen Bezirken liegen
etwa nur bei rund zwei Prozent.
Trotzdem verfügt z. B. Mariahilf mit
elf öffentlichen Gärten, Parks und Spiel-
plätzen über eine ansprechende Versor-
gung mit nutzbaren Freiflächen, die bei
Fotos: Schuh (2), Wien 3420 AG (1)
*DI Christian Pichler
ist Raumplaner
und Mitarbeiter der Abteilung
Kommunalpoliitik der AK Wien
Bodenpolitik im
städtischen Bereich
Ö
Seite 18
Wirtschaft & Umwelt 3/2013
Zusammenfassung:
Das Bevölkerungswachs-
tum stellt Stadtregionen
vor große Herausforde-
rungen. Nur Stadtent-
wicklung auf der grünen
Wiese zu betreiben, wird
zu wenig sein. Künftige
Stadtentwicklung muss
das Missverhältnis zwi-
schen Baulandbedarf und
verwertbaren Bauland-
flächen vermeiden. Neue
Instrumente der Bauland-
mobilisierung und die Ent-
wicklung von Strategien
der Nachverdichtung
bestehender Strukturen
sind nötig.
Schwerpunkt
knapper Boden
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