fung von Silikose tätig,
auch auf EU-Ebene können
im Rahmen des Arbeitneh-
merInnenschutzrechts Re-
gelungen getroffen werden,
die dann zumindest einen
Mindeststandard in der EU
darstellen. So wurde und
wird diskutiert, einen ver-
bindlichen Grenzwert für
Quarzstaub in die Richtlinie
über die Gefährdung der Ar-
beitnehmer durch Karzino-
gene (krebserzeugende Ar-
beitsstoffe) aufzunehmen.
Das Wissenschaftliche Ko-
mitee für die Festlegung von
Arbeitsplatzgrenzwerten
(SCOEL), das aus Toxiko-
logen besteht und die EU-
Kommission berät, sprach
sich 2003 für die Festlegung
eines Grenzwertes unter
0,05 mg/m
3
aus.
Doch die Industrie
fürchtete einen derartigen
Grenzwert, der ein Min-
destniveau des Schutzes in
allenMitgliedstaaten festle-
gen würde. Daher setzte sie
sich dafür ein, dass ein al-
ternativer Weg beschritten
würde, den der EU-Vertrag
ermöglicht, nämlich ein
Sozialpartner-Abkommen
zwischen Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerverbänden an
Stelle einer EU-Richtlinie
(siehe Kasten 28). Mit
diesem Abkommen, das
2006 abgeschlossen wurde,
gelang es der Industrie,
die Festsetzung eines
EU-weiten Grenzwertes
vorerst zu verhindern. Nur
der Bausektor trat dem
Abkommen nicht bei: Die
Europäische Bau- und
Holzarbeitergewerkschaft
(EFBWW) argumentierte,
dass das Abkommen ledig-
lich dazu diene, strengere
gesetzliche Schutzmaßnah-
men zu verhindern.
EU-Grenzwert nötig
Die Europäische Bau-
Holz-Gewerkschaft behielt
diese Position seither kon-
sequent bei und sprach sich
klar für eine Aufnahme von
Quarzstaub in die Richtli-
nie über krebserzeugende
Arbeitsstoffe und für die
Festlegung eines Grenz-
wertes von 0,05 mg/m
3
aus.
Die gleiche Position wird
auch vom Europäischen
Gewerkschaftsbund (EGB)
vertreten.
Ein EU-weiter Grenz-
wert für Quarzstaub in der
Richtlinie über krebserzeu-
gende Arbeitsstoffe wäre
ein wichtiger Schritt im
Kampf gegen Silikose und
gegen Silikose-bedingten
Lungenkrebs. Zumindest
in Europa könnten diese
schrecklichen und oft
tödlichen Krankheiten bald
der Vergangenheit angehö-
ren. Und dies könnte auch
ein Beispiel für andere
Länder sein, in denen der
Kampf gegen Silikose erst
beginnt.
£
Betrieb
Seit dem Vertrag von Maast-
richt haben die Sozialpartner
auf EU-Ebene das Recht, im
Bereich der Sozialgesetzge-
bung Vereinbarungen auszu-
handeln, die wie EU-Recht
wirken. Gelangen die Sozi-
alpartner zu einer Einigung,
können sie deren Umsetzung
durch eine Richtlinie beantra-
gen. Der EU-Rat kann sie mit
einer qualifizierten Mehrheit
entweder annehmen oder
ablehnen, er kann jedoch
keine Änderungen vorneh-
men. Das EU-Parlament wird
informiert, ist jedoch kein
Mitgesetzgeber. Können
sich die Sozialpartner nicht
auf Gespräche verständigen
oder gelangen sie zu keiner
Einigung, kann die EU-Kom-
mission mit ihrem Gesetzge-
bungsvorschlag fortfahren.
Bisher wurden neben dem
Quarzstaub-Abkommen acht
derartige Abkommen ausge-
handelt, u.a. zu Telearbeit,
zu arbeitsbedingtem Stress,
zu Belästigung und Gewalt
am Arbeitsplatz, aber auch
zu Mindestanforderungen für
Verträge von Fußballprofis.
EU-Recht
Sozialpartner-
Abkommen
Die EU-Kommission überraschte Anfang Oktober mit der Mitteilung „REFIT – Fit
für Wachstum“. Darin demonstriert sie wieder ihre derzeitige neoliberale Grundein-
stellung, dass gesetzliche Regeln schlecht für das Wirtschaftswachstum seien. So
verbergen sich hinter der Mitteilung ungeahnte Einschnitte für ArbeitnehmerInnen.
Die EU-Kommission will z.B. ein von den EU-SozialpartnerInnen verhandeltes
Übereinkommen, das Verbesserungen für die Gesundheit und Sicherheit für Fri-
seurInnen gebracht hätte, nicht dem Rat zur Beschlussfassung vorlegen. Weiters
will sie die Weiterarbeit an der Richtlinie über krebserzeugende Arbeitsstoffe auf
Eis legen. Die AK hat ein entsprechend kritisches Positionspapier veröffentlicht:
Seite 28
Wirtschaft & Umwelt 4/2013
Fotos: schuh (1), fotolia/auremar (1)
EU-Kommission:
ArbeitnehmerInnenschutz auf Eis gelegt
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