6
AK FÜR SIE 09/2014
S
teuerhinterziehung im großen Stil
kostet den Staat jährlich Milliarden,
wie jetzt eine neue Studie zeigt. Wie
viel genau betrogen wird, konnte bisher
nur geschätzt werden. Der französische
Wirtschaftswissenschafter Gabriel Zuc-
man hat jetzt Eingänge und Ausgänge
bei den weltweiten Kapitalströmen eines
Jahres addiert und stieß auf große Lücken
in seiner Welt-Vermögens-Bilanz: Es geht
jährlich viel mehr Finanzvermögen aus
den großen Industriestaaten hinaus, als
wieder hereinkommt.
Die Milliarden, die in dieser Rech-
nung „fehlen“, sind in den Steueroasen
geparkte Riesensummen, insgesamt
weltweit rund 5.800 Milliarden Euro
pro Jahr nur an Finanzvermögen, so
schätzt Zucman. Geldvermögen, das in
verschwiegenen Tresoren lagert, ist
da noch nicht dabei.
Gestützt auf öffentlich gewordene
Steuerbetrugsfälle von Schweizer Groß-
banken, nimmt Zucman an: 80 von 100
in „Steueroasen“ geparkten Euros wer-
den nicht versteuert. Die Einnahmen-
ausfälle für die Staaten schätzt Zucman
damit auf mindestens 130 Milliarden
Euro im Jahr – als Untergrenze.
Betrüger verfolgen
Die AK fordert seit Jahren, den interna-
tional tätigen SteuerbetrügerInnen das
Handwerk zu legen. „Das geht nur durch
ein schärferes gemeinsames Vorgehen
der EU-Mitgliedsländer“, sagt Otto Farny,
Leiter der AK Abteilung Steuerpolitik. „Die
Länder, die Steuerbetrug begünstigen,
sind bekannt. Banken und Finanzdienst-
leister müssen verpflichtet werden, Ver-
mögens- und Kapitaltransfers in diese
Länder zu melden.“
„Den Steuerbetrug zu bekämpfen,
hilft allen“, sagt AK Präsident Rudi Kas-
ke. „Der Staat kann mehr Geld zum
Wohle aller einsetzen, etwa für eine fai-
re Steuerentlastung.“
UTE BÖSINGER
Steuerbetrug als Geschäft
Virgin Islands, Luxemburg oder die Schweiz: In Steueroasen
werden jährlich 5.800 Milliarden Euro geparkt.
nehmerInnen haben bei Redaktions-
schluss bereits für eine rasche Lohnsteu-
ersenkung unterschrieben.
Frage der Gerechtigkeit
Für eine rasche Entlastung der Arbeitneh-
merInnen gibt es gute Argumente. Das
wichtigste: Das tägliche Leben wird teu-
rer. Da brauchen die ArbeitnehmerInnen
mehr im Börsel. Und das ist umso wichti-
ger, je schwächer jetzt die Wirtschaft
wächst. AK Präsident Rudi Kaske: „So
haben die Menschen mehr zum Ausge-
ben, und das kurbelt auch Beschäftigung
und Wachstum an.“
Gerecht wäre eine Lohnsteuersenkung
Snježana Brajinovic´
´
Betriebsrätin
„Die Lohnsteuern müssen endlich
runter“, sagt Zielpunkt-Betriebsrätin Snježana
Brajinovic´
. Sie merkt nicht nur bei den Angestell-
ten, wie sehr aufs Geld geschaut wird: „Auch die
Kunden kaufen immer weniger ein und drehen
jeden Cent zweimal um.“ Bei Zielpunkt gibt es
Unterstützung für die „Lohnsteuer runter!“-Aktion.
Frau Brajinovic´
fasst den allgemeinen Eindruck so
zusammen: „Die Reichen werden reicher, die
Armen ärmer.“
Rudolf Kortenhof
Betriebsrat
Für den stellvertretenden Betriebs-
ratsvorsitzenden der Raiffeisen Bank International
ist unverständlich, warum die ArbeitnehmerInnen
im Gegensatz zu Unternehmen so stark belastet
werden: „Das ist eine Schieflage, die behoben
werden muss.“ Er ist überzeugt, dass weniger
Lohnsteuern hermüssen: „Steuerschlupflöcher
und Steueroasen begünstigen global agierende
Weltkonzerne, Privatstiftungen die Reichen. Diese
Möglichkeiten hat der normale Arbeitnehmer
nicht.“
überdies. Während die Löhne mit der Teu-
erung Schritt halten, werden die Steuer-
stufen nicht entsprechend der Teuerung
erhöht – diese „kalte Progression“ macht
das Netto vom Brutto immer kleiner. Dazu
kommt: Die ArbeitnehmerInnen in Öster-
reich tragen bereits den größten Teil der
Steuerlast. Aus Steuern auf Vermögen
kommt vergleichsweise wenig herein.
Die AK ist deshalb auch für eine Millio-
närssteuer. Kaske: „Die Millionäre sollen ei-
nen gerechten Beitrag leisten. Arbeit wird
bei uns zu hoch besteuert, Vermögen kaum.“
Auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit.
Ebenso, wie Steuerbetrug massiv bekämpft
werden muss.
PETER MITTERHUBER
Zum Beispiel die Virgin Islands: schöne
Gegend mit viel geparktem Geld
Foto: picturedesk.com / Robert Harding / Jean-Pierre De Mann
1,2,3,4,5 7,8,9,10,11,12,13,14,15,16,...32