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AK FÜR SIE 09/2014
men Hilfe beim Bewerben. Doch weil nur
mehr knapp acht Prozent aller Wiener Be-
triebe ausbilden, laufen die Jugendlichen
oft trotz aller Bemühungen gegen Wände.
Die 15-jährige Irem Tekin erzählt traurig:
„Man schreibt so viele Bewerbungen, und
es kommen nicht einmal Ab-
sagen zurück. Das tut weh.“
„Hauptsache Lehre“
„Ich habe den dicken Kata-
log vom AMS durchgearbei-
tet, mich bei allen offenen
Lehrstellen im Einzelhandel beworben
und bin sogar persönlich hingefahren.
Dann heißt es auf einmal: ‚Wir nehmen
niemanden.‘ Warum ist dann die Stelle
ausgeschrieben?“, fragt sich Claudia-Ta-
mara Mayr. Dabei ist die 17-Jährige ei-
gentlich die Traumkandidatin für jeden
Chef: Sie hat ein gutes Zeugnis, ist ziel-
strebig und vielseitig interessiert.
Nach einer späten Absage der Kunst-
schule hat sich Claudia-Tamara Mayr
schnell auf eine Einzelhandelslehre umori-
entiert. Doch inzwischen, nach einem Jahr
erfolgloser Suche, weiß auch
sie nicht mehr, was sie noch
anbieten soll: „Ich fahre,
wenns sein muss, auch zwei
Stunden zum Arbeitsplatz.
Hauptsache, ich habe end-
lich eine Lehre.“
Engagierte BewerberInnen wie Clau-
dia-Tamara beweisen, dass die Proble-
me bei der Lehrstellensuche nicht den
Jugendlichen selbst in die Schuhe ge-
schoben werden könnnen. Weil es immer
weniger Lehrstellen gibt, sind die Anfor-
derungen extrem gewachsen. Wolfgang
Bamberg von Jugend am Werk: „Die Fir-
men sieben sich nur diejenigen heraus, die
super Zeugnisse haben oder schon auf
höheren Schulen waren.“
Wer trotzdem als Lehrling aufgenom-
men wird, hat noch keine Garantie, wirk-
Kein Lehrplatz – was tun?
„Es gibt für Lehrstellensuchende diesen Herbst noch eine Chance
– sowohl
am betrieblichen Lehrstellenmarkt als auch bei der überbetrieblichen Lehre. Aber jetzt heißt es
wirklich: Allerhöchste Eisenbahn!“, sagt Maximilian Fischer, stellvertretender Leiter des Arbeits-
marktservice Jugendliche in Wien.
n
Wer sich beim Arbeitsmarktservice als lehrstellensuchend meldet,
kann sich noch für
unbesetzte Lehrstellen in den Betrieben bewerben.
n
Wer bis September nicht mehr in einem Betrieb unterkommt,
soll sich auch beim Arbeits-
marktservice melden. Nur dann können Jugendliche in eine überbetriebliche Lehre vermittelt werden.
Info für Lehrstellensuchende beim Arbeitsmarktservice Jugendliche,
1060, Gumpendorfer Gürtel 2b, 01/87871
Irem (links) und Claudia-Tamara erproben in der Jugendwerkstatt ihren Wunschberuf.
Claudia-Tamara sucht bereits seit einem Jahr einen Lehrplatz – trotz bester Schulnoten
Lehre im Betrieb – aber bei der Abschluss-
prüfung durchgefallen: Sebastian Wolf lernt
gerade für den zweiten Anlauf
lich etwas zu lernen. Fast alle schließen
die Berufsschule positiv ab, aber ein Fünf-
tel schafft die Lehrabschlussprüfung, wo
es um die Praxis geht, nicht auf Anhieb.
Sebastian Wolf hat die Lehrabschluss-
prüfung zum Elektriker beim ersten Mal
nicht bestanden. Jetzt hat er genug von
Hilfsarbeiten: „Mit einem Zeugnis hat man
bessere Chancen.“ Unterstützt wird er von
„Complete“, einem Projekt des Kultur- und
Sportvereins der Wiener Berufsschulen,
wo er in Kursen sein Wissen für die Prü-
fungswiederholung auffrischt.
Mehr Qualität...
Damit mehr Jugendliche die Lehrab-
schlussprüfung schaffen, fordert AK Präsi-
dent Rudi Kaske Kompetenzchecks, die
schon während der Lehrzeit den Ausbil-
dungsstand der Lehrlinge überprüfen, und
verpflichtende Weiterbildungen für die
AusbildnerInnen: „Mehr Qualität in der
Lehrausbildung ist gut für alle.“
n
HANNAH KRUMSCHNABEL
Lehrstellen: Die
Lücke wird größer
Quelle: Arbeitsmarktservice
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
22.000
20.000
18.000
16.000
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
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Lehrstellensuchende*
n
Offene
Lehrstellen
„Mehr Qualität in
der Lehrausbildung
ist gut für alle.“
AK Präsident Rudi Kaske
17.999
3.944
21.722
3.431
21.967
3.581
21.899
3.842
20.251
3.966
20.630
3.302
20.851
3.273
*) inkl. überbetriebliche Ausbildung und kurzfristige Schulungen
Foto: Mischa Nawrata
1,2,3,4,5,6,7,8,9 11,12,13,14,15,16,17,18,19,20,...32