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AK FÜR SIE 09/2014
Jugendausbildung
Die Betriebe nahmen heuer so wenige
Lehrlinge auf wie schon lange nicht. Ausbaden
müssen das die enttäuschten Jugendlichen.
Wir wollen
E
igentlich hat sie alles richtig ge-
macht: Nach dem Motto „Mäd-
chen in die Technik“ entschied
sich Bettina Simeth nach der
Schule dafür, Elektrikerin zu
werden. Doch ihre Suche nach
einer Lehrstelle blieb erfolglos:
„Oft wurde mir abgesagt, weil die Firmen
keine Frau wollten.“ Bettina gab ihren Traum
vom technischen Beruf trotzdem nicht auf.
Bei Jugend am Werk hat sie sich um eine
überbetriebliche Lehre bemüht und lernt
inzwischen schon für ihre Abschlussprü-
fung. Ganz zufrieden ist die 19-Jährige aber
nicht: „Natürlich wäre ich viel lieber direkt in
die Praxis gegangen. Dann würde ich
schon mit einem Fuß im Betrieb stehen.“
Betriebe lassen aus
So wie Bettina geht es in Wien im Moment
rund 7.100 jungen Menschen: Sie haben
keine Lehrstelle in einem Betrieb, suchen
entweder noch nach einer Lehrstelle oder
machen eine überbetriebliche Lehre. Seit
der Krise ist die Zahl der Lehranfänger-
Innen im Sinkflug: 2014 haben in ganz Ös-
terreich um fast ein Viertel weniger Jugend-
liche eine betriebliche Lehre beginnen
können als noch 2008.
„Ich wollte einen Zukunftsjob in der
Technik“, erzählt Felix Abdel Halem, Maschi-
nenbaulehrling in der überbetrieblichen
Ausbildung bei Jugend am Werk. Ausge-
rechnet die zukunftsträchtigen Branchen
Metall und Elektro bilden aber zu wenig aus.
„Keiner findet was“
Gute Chancen im Wunschberuf haben
der ehemalige HAK-Schüler Felix und sei-
ne KollegInnen nur dank der 3.000 über-
betrieblichen Ausbildungsstellen, die die
Stadt Wien und das Arbeitsmarktservice
finanzieren. In Wien werden laut
Arbeitsmarktservice in den nächsten
fünf Jahren noch mehr Jugendliche
eine Lehrstelle brauchen als bisher.
Felix kennt die angespannte Lage
aus dem Freundeskreis: „Keiner fin-
det was. Ein paar gehen arbeiten,
ein paar sind noch immer daheim.“
In der „Jugendwerkstatt“, einem
Projekt im Auftrag des Arbeitsmarkt-
service, werden Mädchen und Bur-
schen betreut, die bisher noch keine
Lehrstelle gefunden haben. In Werk-
stätten von BFI Wien, wifi Wien und
ipcenter können sie ihren Wunschbe-
ruf zumindest erproben, in Übungsberei-
chen von Elektro bis Textil. Und sie bekom-
„Oft wurde mir abgesagt, weil die Betriebe
keine Frau wollten.“ Bettina Simeth kann erst
bei „Jugend am Werk“ Elektrikerin lernen
Fotos: Erwin Schuh