Heutzutage entsteht schnell der Eindruck, dass die Emissionen
von Treibhausgasen und der Verbrauch von Energie das wichtigs-
te Problem des produzierenden Bereichs seien. Doch es ist nicht
sehr lange her, dass in Europa Staub, Schwefeldioxid, Schwer-
metalle etc., die von Industrieanlagen ausgestoßen wurden, im
Zentrum des Interesses standen.
Von Christoph Streissler*
er rasante wirtschaftliche
Aufschwung nach dem Zwei-
ten Weltkrieg ging mit einer
schnellen Ausweitung der industriellen
Produktion einher. Die Maßnahmen
zum Schutz der Umwelt hielten mit die-
ser Entwicklung nicht Schritt.
In den ersten Jahren nach dem Zwei-
ten Weltkrieg galten rauchende Schlo-
te als Zeichen der wieder erstarkenden
Wirtschaft. Doch der Smog in London
und in anderen Großstädten machte
bald klar, dass etwas gegen die Luft-
verschmutzung getan werden musste.
Atemwegserkrankungen führten zum
vorzeitigen Tod von tausenden Men-
schen. Die ersten Maßnahmen, die
gesetzlich beschlossen wurden, betra-
fen die Verwendung von Kohle zum
Heizen. In den siebziger Jahren wurde
erkannt, dass die Schadstoffe aus Abga-
sen von Industrie, Hausbrand und Ver-
kehr auch langfristige und weiträumige
Schäden an der Umwelt verursachten.
Sowurde erst nachundnachverstanden,
dass die Versauerung skandinavischer
Seen von Stickoxiden und Schwefeldi-
oxid stammte, die über große Distanzen
aus England und Mitteleuropa dorthin
verfrachtet wurden. Auch die Schäden
an Bäumen, die sich auf großen Flä-
chen in Mitteleuropa zeigten – damals
etwas dramatisch als „Waldsterben“
bezeichnet –, konnten auf diese Luft-
schadstoffe zurückgeführt werden.
Ebensobesorgniserregendwarendamals
die Bilder von Flüssen, auf denen dicke
Schaumteppiche trieben und in denen
eine Unzahl von Fischen verendete. Es
wurde deutlich, dass die Umwelt nicht
eine unbeschränkte Kapazität hatte, die
Schadstoffe der Menschen aufzuneh-
men, ohne dabei Schaden zu nehmen.
UNO-Konferenz 1972
Die Konferenz der UNOüber die Um-
welt des Menschen, die 1972 in Stock-
holm stattfand, war die erste Konferenz
der VereintenNationen zumThema Um-
welt. Sie wird heute als Beginn der in-
ternationalen Umweltpolitik angesehen.
Im selben Jahr stand Umweltpolitik erst-
mals auch auf der Tagesordnung eines
Europäischen Rates: Beim Treffen der
Staats- und Regierungschefs der sechs
Mitgliedstaaten der Europäischen Wirt-
schaftsgemeinschaft (EWG) in Paris
wurde beschlossen, dass die Kommissi-
on ein Aktionsprogramm für die Umwelt
entwickeln solle. Ende 1973war das Pro-
gramm fertig. Es umfasste unter anderem
Vorhaben, die auf die „Verminderung,
Beseitigung oder Verhütung von Schad-
stoffemissionen und anderen Umweltbe-
lästigungen“ in den umweltbelastenden
Industriezweigen abzielten.
Drei Industriezweige wurden in die-
sem ersten Umweltaktionsprogramm
besonders hervorgehoben, nämlich
die Papier- und Pappeindustrie, die
Eisen- und Stahlindustrie sowie die
Fotos: Mittendorfer (2)
* Dr. Christoph Streissler
ist Chemiker
und Mitarbeiter der Abteilung Umwelt &
Verkehr in der AK Wien.
Umweltauswirkungen
der Industrie
D
Seite 18
Wirtschaft & Umwelt 3/2014
Zusammenfassung:
In den letzten Jahrzehnten
ist die österreichische
Industrie als Reaktion auf
Umweltverschmutzung
und verheerende Unfälle
sauberer und sicherer
geworden, ein Trend, der
sich in allen entwickelten
Industriestaaten zeigt.
Neben der verbesserten
Umweltsituation wurde
auch eine bessere Infor-
mation über umweltrele-
vante Tätigkeiten erreicht.
Wird diese Entwicklung
sich fortsetzen?
Schwerpunkt
INDUSTRIE & UMWELT