diese hormonaktive Wirkung
von PET-Flaschen in einer
aktuellen Untersuchung nicht
mehr feststellen.
Pflanzen können natürliche
Hormone – die Phytoöstrogene
- produzieren. Dazu gehören
Isoflavone, die in Kichererb-
sen, Ölsamen oder Soja ent-
halten sind. Der vermehrte
Verzehr dieser Produkte wird
in der Medizin gegen hormo-
nell bedingte Beschwerden in
den Wechseljahren verwendet.
Die gezielte Möglichkeit der
Beeinflussung des Hormon-
systems nutzen auch syn-
thetische Medikamente. Das
bekannteste Beispiel sind die
künstlichen Östrogene der
Anti-Baby-Pille, die vom Exil-
Österreicher Carl Djerassi und
seinem Team in den 1950iger
Jahren entwickelt wurde. Wird
nicht die gesamte Menge des
Wirkstoffs im Körper der Frau
umgesetzt, gelangt das künstli-
che Östrogen Ethinylestradiol
über die Ausscheidung ins Ab-
wasser. In der Kläranlage wird
es nicht abgebaut und daher
von Wasserorganismen aufge-
nommen. Dies führt zu einer
Verweiblichung von Fischen
und Fröschen.
Diethylstilbestrol (DES),
wurde in den 1950iger und
1960iger Jahren schwange-
ren Frauen als Medikament
verschrieben, um die Wahr-
scheinlichkeit einer unge-
wollten Schwangerschafts-
unterbrechung zu verringern.
Dies wirkte negativ auf das
Hormonsystem der Kinder.
Manche Mädchen, deren
Mütter dieses Medikament
einnahmen, entwickelten Jahre
später spezielle Formen von
Vaginalkrebs. In den 1970iger
Jahren wurde deshalb dieses
Medikament verboten.
Wie dieses Beispiel zeigt,
können hormonaktive Stoffe
auch erst viel später Auswir-
kungen zeigen. Große Diskus-
sion in der Wissenschaft gibt
es darüber, ab welcher Dosis
die chemischen Stoffe hormo-
nell wirksam sind. Natürliche
Hormone wirken in sehr klei-
nen Mengen im Körper. Viele
Studien deuten darauf hin, dass
synthetische hormonell wirk-
same Stoffe in ähnlich kleinen
Mengen wirken. Als eindeutig
wissenschaftlich bewiesen gilt
dies nicht.
Unklare Gesetze
Wie werden hormonell
wirksame Stoffe gesetzlich
reguliert? Einige der mög-
lichen hormonaktiven Stoffe
wurden aufgrund von anderen
gefährlichen Eigenschaften
beschränkt. In der EU-Chemi-
kalienverordnung REACH gilt
die hormonelle Wirksamkeit in
Artikel 57f als eine mögliche
Eigenschaft, um einen Stoff als
besonders gefährlichen Stoff
zu identifizieren.
Die Zulassung von Pflan-
zenschutzmitteln ist nur mög-
lich, wenn der Stoff keine
hormonelle Wirksamkeit zeigt.
Doch um diese zu bestim-
men, fehlen die Kriterien. Die
Agentur für Gesundheit und
Ernährungssicherheit (AGES),
welche für die Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln zustän-
dig ist, hilft sich mit der CLP-
Verordnung weiter (Classifica-
tion, Labelling and Packaging),
das ist die Verordnung zur
Einstufung, Kennzeichnung
und Verpackung von Stoffen
und Gemischen. Die CLP-
Verordnung hat kein eigenes
Kriterium, um Stoffe, die
hormonell wirksam sind, mit
einem eigenen Gefahrenzei-
chen auszuweisen. Solange es
keine eigenen Kriterien für die
hormonelle Wirksamkeit gibt,
gelten Stoffe, die als repro-
duktionstoxisch (Kategorie 2)
und karzinogen (Kategorie 2)
eingestuft sind, als hormonell
wirksam. Die EU-Kommission
hat eine Reihe von Workshops
unter breiter internationaler
Beteiligung organisiert, Stu-
dien in Auftrag geben und eine
Roadmap zur Beschränkung
der hormonell wirksamen
Stoffe beschlossen. Die größte
Aufgabe liegt aber noch vor
ihr: die Kriterien, wie hormo-
nelle Stoffe als solche erkannt
werden können, zu definieren.
Im Dezember 2013 wollte die
EU-Kommission Kriterien für
die Definition und Einordnung
von hormonell wirksamen
Stoffen vorlegen. Im Jänner
2014 verkündete die Kommis-
sion eine Verschiebung der
Entscheidung um mindestens
ein Jahr. Die schwedische
Umweltministerin Lena Ek
will den Druck auf die EU-
Kommission erhöhen und hat
im Mai 2014 eine Klage vor
dem Europäischen Gerichtshof
(EuGH) angedroht. Wie die
Sache ausgeht, ist bedeutend
für die Gesetzgebung in Öster-
reich und allen Mitgliedstaaten
der EU.
£
Politik
Hormone sind lebenswichtig. Eine ganze Reihe von natürlichen Hormonen wird
im Körper von Menschen und Tieren durch das Hormonsystem – auch endokrines
System genannt – produziert. Dieses Netzwerk aus Drüsen schickt die Hormone
in den Körper, wo sie wichtige Körperfunktionen wie die körperliche und geistige
Entwicklung, Stoffwechsel, Wachstum und Stimmungen regeln. Hormonell wirksame
Stoffe beeinflussen oder stören das sensible Hormonsystem, indemsie die natürlichen
Hormone imitieren oder deren Wirksamkeit blockieren.
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Wirtschaft & Umwelt 3/2014
Foto: Mittendorfer (1)
Quelle: Chemikalien Daten und Fakten, BMFLUW, Mag. Elisabeth Holovsky,
Martin Wimmer, Dezember 2013, www.bmlfuw.gv.at
Hintergrund
Natürliche Hormone sind wichtig