Wirtschaft & Umwelt 3/2014
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Im Zusammenhang mit wirt-
schaftspolitischen Zielsetzungen
wird unter „Industrie“ meist die
Gesamtheit der Unternehmen be-
zeichnet, die Waren aus Rohstoffen
oder Vorprodukten herstellen. Eine
gängige Definition basiert auf der
ISIC-Klassifikation der UNO („Inter-
national Standard Industrial Classi-
fication“, Basis für die österreichi-
sche Klassifikation ÖNACE). Nach
ihr umfasst „Industrie“ neben den
produzierenden Betrieben – gleich
welcher Größe – auch den Bergbau
und die Energieversorger. Nicht zur
Industrie gehören nach dieser De-
finition der Dienstleistungssektor,
die Land- und Forstwirtschaft, aber
auch nicht die Bauwirtschaft. Zieht
man diese Definition heran, so
betrug 2012 der Anteil der Industrie
an der Bruttowertschöpfung in
Österreich 18,7 Prozent.
Definition
Was meinen wir
mit „Industrie“?
Umweltpolitik der EU
Einen guten Überblick über die Entwicklung der
Umweltpolitik der EU gibt Christian Hey in seinem
Beitrag zum „EU Environmental Policy Handbook“
des EEB (European Environmental Bureau)
Chemikalien
Neben dem Chemieunfall in Seveso 1976 führte
der Chemieunfall in der indischen Stadt Bhopal im
Dezember 1984, bei dem über 3.700 Menschen star-
ben, weltweit zu strengeren Sicherheitsmaßnahmen.
Schwefeldioxid
Der Ausstoß von Schwefeldioxid (SO
2
)
ist seit den siebziger Jahren in Österreich
stark zurückgegangen. Für 85 % der ver-
bleibenden Emissionen sind heute Indus
trie und Energieversorgung verantwortlich.
Titandioxiderzeugung. Letztere war
insbesondere wegen der Entsorgung
von schwefelsäurehaltigen Abfällen im
Meer, der sogenannten „Dünnsäurever-
klappung“, ins Zentrum der Kritik gera-
ten. Die Abwässer der Papierindustrie,
die vielerorts ohne Kläranlagen in die
Flüsse geleitet wurden, führten oft zu
„gekippten“ Gewässern, in denen alle
höheren Tiere wegen Sauerstoffman-
gel verendeten. Das Hauptproblem der
Eisen- und Stahlindustrie war die hohe
Staubbelastung der Luft.
„Seveso-Richtlinie“
Aber nicht nur die übliche Emission
von Schadstoffen führte zu Problemen.
Am 10. Juli 1976 kam es nördlich von
Mailand zu einem Unfall in einer Che-
miefabrik, bei dem unter anderem große
Mengen an chlorierten Dibenzodioxi-
nen (verkürzt als „Dioxine“ bezeichnet)
in die Umwelt gelangten und Tiere und
Menschen vergifteten. Dies war Auslö-
ser für die europäische Gesetzgebung,
die schwere Unfälle in Industrieanlagen
verhindern sollte. Nach dem Namen
der am stärksten betroffenen Gemein-
de wurde diese EG-Richtlinie, die 1982
erlassen wurde, als „Seveso-Richtlinie“
bekannt. Unter dem Eindruck dieses
Unfalls und der Probleme, die unter an-
derem dadurch entstanden waren, dass
die Betreiber die Bevölkerung nur un-
vollständig und verspätet informierten,
enthielt die Richtlinie Bestimmungen,
wie in bestimmten chemischen Betrie-
ben die möglichen Gefahren zu analy-
sieren und wie Behörden und Bevölke-
rung über mögliche Gefahren zu infor-
mieren sind.
Die ersten beiden Umweltaktions-
programme der EG betonten vor allem
die notwendigen gemeinsamen Ziele im
Umweltschutz und warnten vor Produk-
tionseinbußen in Folge der Umweltzer-
störung. Mit demdrittenUmweltaktions-
programm 1983 zeigte sich eine Ände-
rung in der Argumentation: Nun ging es
Die zunehmend strengen Regeln im Umweltschutz haben zu einem Rückgang der Umweltbelastung durch die Industrie geführt.
Ein weltweit hoher Standard im Umwelt-
schutz hilft auch der Industrie, indem er
unfairen Wettbewerb zurückdrängt.