er Beginn der großen Wirt-
schafts- und Finanzkrise war
der Startpunkt eines indust-
riepolitischen Revivals in der EU. Seit
Anfang der 1990er Jahre hatte man sich
weitgehend auf horizontale Maßnah-
men beschränkt – Schlagwort: bessere
Rahmenbedingungen – dann würde sich
Wachstum ganz von alleine einstellen.
Die Zäsur 2008 ließ die EU-Kommis-
sion und andere wesentliche Akteure
umdenken. Auch die Diskussion um die
zukünftige EU-Energie- und Klimapo-
litik wirkte in diese Richtung. Und tat-
sächlich haben manche der nun stärker
ins Blickfeld gerückten Themen das
Potenzial, die Dynamik der Industrie im
hochqualitativen Bereich zu stärken und
gleichzeitig verschiedene gesellschaftli-
che Problemfelder anzusprechen.
Auch die eingesetzten Instrumen-
te werden breiter und vielfältiger – bis
hin zu Themen- und Brancheninitiati-
ven. Die so genannte „neue Industrie-
politik“ stellt nun Ressourceneffizienz,
umweltfreundliche Verkehrslösungen,
Gesundheit, alternde Gesellschaft, alter-
native Energieformen und anderes mehr
in den Mittelpunkt. Ziel ist, Fortschritte
in diesen Fragen zu erzielen und gleich-
zeitig Wertschöpfung und Wachstum
der Industrie in diesen Bereichen zu
optimieren. Neue Technologien stehen
dabei im Zentrum. Sie können zu all
diesen Thematiken mehr oder weniger
große Lösungsbeiträge liefern – so sie
in gesellschaftspolitisch richtige Wei-
chenstellungen und Rahmenbedingun-
gen eingebettet sind. Technologien und
die notwendigen Qualifikationen zu
deren Entwicklung und Anwendung: an
diesen Zutaten führt kein Weg vorbei,
wollen wir Lebens- und Umweltquali-
tät, Beschäftigung und hohe Einkom-
men absichern. Bildung, Qualifikation
und Technologie sind daher tatsächlich
zentrale Anforderungen. Und da der
überwiegende Teil der Technologiein-
vestitionen nach wie vor (wenn auch
heftig gefördert) von der Industrie ge-
tätigt wird, ist dieses Ziel ohne starken
Industriesektor nicht zu erreichen. In-
dustrie und technologischer Fortschritt
bedingen einander, sind voneinander
abhängig. Ein „Ingenieurbüro Europa
(Österreich)“ ohne Produktion kann es
auf Dauer nicht geben.
Spannungsfelder
Leider stehen in der öffentlichen Dis-
kussion nach wie vor bei wichtigen Ak-
teuren die Aspekte „Kosten runter“ und
„Erleichterungen rauf“ imVordergrund.
Ein Blick in die Aussendungen diverser
Interessenvertretungen und einschlä-
giger Think Tanks zeigt das. Natürlich
treffen sich solche Aussagen ausge-
zeichnet mit den Interessen der großen
Industrieunternehmen selbst und deren
– meist männlichen – Kapitänen. Sie ha-
Fotos: Mittendorfer (2), bohacek (1)
*Mag. Roland Lang
ist
Mitarbeiter der Abteilung
Wirtschaftspolitik in der AK Wien.
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Schwerpunkt
INDUSTRIE & UMWELT
Klimawandel, Krise
und Industriepolitik
D
Industrie und damit Industriepolitik sind für AK und ÖGB seit lan-
gem ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftsentwicklung und
-politik insgesamt. Für die EU stand dies bis zuletzt nicht wirklich
im Vordergrund. Die Erfahrungen aus der Krise ab 2008 und das
Spannungsfeld von klimapolitischen Herausforderungen und in-
dustrieller Entwicklung haben dies geändert.
VON Roland Lang *
Zusammenfassung:
Die Wirtschaftskrise und
die anstehenden klima-
und energiepolitischen
Weichenstellungen brach-
ten eine Debatte um eine
„neue Industriepolitik“ in
der EU und in Österreich.
Es geht darum, zwischen
den großen Wirtschaftsre-
gionen einen fairen Wett-
bewerb sicherzustellen,
Klima- und Industriepolitik
gemeinsam zu denken und
die Wachstumschancen
im qualitativ und tech-
nologisch hochwertigen
Bereich zu suchen.
Seite 14
Wirtschaft & Umwelt 3/2014
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