Schwerpunkt
INDUSTRIE & UMWELT
Wirtschaft & Umwelt 3/2014
Seite 21
ine derartige Sichtweise über-
sieht zweierlei: Erstens ruht
die scheinbar entmateriali-
sierte postindustrielle Gesellschaft auf
einem materialintensiven, weitgehend
maschinenbetriebenen und ökologisch
destruktiven Fundament aus Landwirt-
schaft, Bergbau und Grundstoffindust-
rie, das sich teilweise in den Industrie
ländern befindet, teilweise jedoch in
den Entwicklungsländern. Zweitens
und ebenso wichtig lebt derzeit nur
etwa ein Drittel der Weltbevölkerung
in hoch entwickelten Industrieregionen.
Der Großteil der heute lebenden Men-
schen befindet sich hingegen mitten in
einem Prozess des Übergangs von der
Agrar- zur Industriegesellschaft, der an
verschiedenen Orten unterschiedlich
weit fortgeschritten ist.
Mittlerweile ist andererseits klar, dass
der Ressourceneinsatz der Menschheit
– ein großer Teil davon entfällt auf die
Industrieländer – bereits jetzt die ökolo-
gischen Grenzen des Planeten sprengt.
Studien zum „globalen ökologischen
Hinter uns die
Industriegesellschaft
E
Zusammenfassung
Die Industriegesellschaft ist von
einer nachhaltigen Gesellschaft
ungefähr gleich weit entfernt
wie von der Agrargesellschaft.
Eine nachhaltige Entwicklung
erfordert eine grundlegende Re-
orientierung von Wirtschaft und
Gesellschaft – ein Prozess, der
bislang nur in Konturen erkenn-
bar ist.
Dieser Artikel erschien in wesentlich
ausführlicherer Form in: Eva Maria Herzog,
Hans-Christian Bauer, Ulrike Berninger
(Hg.). Blickpunkt: Biologische Vielfalt.
ÜberLeben im Globalen Wandel. Books
on Demand, Norderstedt, 2013, S. 87-
110. Die Kürzung besorgte Christoph
Streissler in Absprache mit dem Autor.
Aus der Sicht von EinwohnerInnen eines hoch entwickelten In-
dustrielandes wie Österreich ist der agrarisch-industrielle Über-
gang scheinbar nur mehr von historischem Interesse. Sind wir
nicht bereits in der postindustriellen Gesellschaft angelangt?
Hat nicht die Dienstleistungsgesellschaft längst die Industriege-
sellschaft abgelöst?
Von Helmut Haberl*