Zehn Jahre nach dem EU-Grünbuch zu Corporate Social Res-
ponsibility veröffentlichte die EU-Kommission im Herbst 2011
„Eine neue EU-Strategie (2011–2014) für die soziale Verantwor-
tung von Unternehmen (CSR)“. Im Kern nichts Neues. Denn trotz
Betonung, dass CSR als Teil der betrieblichen Kernstrategie zu
verstehen ist, bleibt Freiwilligkeit das Paradigma.
VON PAUL KOLM*
olange Freiwilligkeit die Basis
con CSR ist, kann nicht erwartet
werden, dass CSR irgendeinen
Beitrag zurÜberwindungder Finanz- und
Wirtschaftskrise leistet. Die durch die Li-
beralisierung und Deregulierung der Ar-
beitsbeziehungen wachsenden Anteile
prekarisierter Arbeit oder die durch den
enorm gestiegenen Leistungsdruck ge-
fährdeteGesundheit der ArbeitnehmerIn-
nen oder der durch Flexibilisierungen al-
ler Art gefährdete soziale Zusammenhalt
werden durch CSR kaum beeinflusst.
Auch der Umwelt- und Klimaschutz be-
darf anderer Instrumente, um die gegen-
wärtige Stagnation zu überwinden.
In Österreich wird gesellschaftlich
verantwortliches Handeln von Unter-
nehmen, das freiwillig über gesetzliche
oder normative Grundlagen hinausgeht,
vom Verein „respACT Austria“ geför-
dert, der von der Wirtschaftskammer,
der Industriellenvereinigung und vom
Wirtschafts-, Sozial- und Landwirt-
schaftsministerium unterstützt wird.
RespACT hat etwa 260 Unterneh-
men als Mitglieder. Auf der Homepage
des Vereins ist das CSR-Profil dieser
Firmen abrufbar. Die Grenze zwischen
Freiwilligkeit und Beliebigkeit ist flie-
ßend. Dazu einige Beispiele:
ANDRITZ HYDRO GmbH
Das Unternehmen lieferte elektrome-
chanische und hydraulische Ausrüstung
für das Wasserkraftwerk Tsankow Ka-
mak in Bulgarien. Für die ökologische
Bedeutung des Projekts wird angeführt,
dass im Rahmen der Finanzierung CO
2
-
Zertifikate an die österreichische Bun-
desregierung verkauft und übertragen
werden konnten.
Österreich kann sich um den Wert
dieser Zertifikate von konkreten Maß-
nahmen zur Reduktion der Treibhaus-
gase in unserem Land freikaufen. Die
Andritz Hydro GmbH ist eine Sparte des
Grazer Andritz Konzerns, der beim Ilisu
Staudamm in der Türkei und dem Belo
Monte Staudammprojekt in Brasilien
alles andere denn CSR-konform agiert.
ASFINAG
„Intelligente Straßen für mehr Sicher-
heit“ fallen unter die CSR-Aktivitäten.
Oder auch ökologische Ausgleichsmaß-
nahmen beim Neubau der S1 wie zum
Beispiel Wildschutzzäune und Amphi-
bientunnel.
Die ASFINAG vergisst nur hinzuzu-
fügen, dass diese Maßnahmen Bestand-
teil der Ausschreibungen sind.
BONUS Pensionskassen AG
Dieses Unternehmen verweist auf die
betriebliche Gesundheitsförderung und
die Sanierung des Bürogebäudes (Wär-
medämmung).
Die Pensionskassen werden völlig
Fotos: Schuh (2)
*Univ.Doz. Dr. Paul Kolm
ist Sozialwissen
schaftler, ehem. Leiter der Abt. Arbeit und
Technik der GPA-djp, ÖGB-Vertreter im
ÖkoBusinessPlan Wien, Mitglied des Forum
Nachhaltiges Österreich und im Vorstand
von NeSoVe.
CSR: Verantwortung
braucht Regeln
S
Seite 18
Wirtschaft & Umwelt 3/2012
Zusammenfassung:
Zehn Jahre Erfahrung
mit CSR zeigen, dass
dieses Konzept die ne-
gativen Auswirkungen
neoliberalen Wirtschaftens
auf einer gesamtgesell-
schaftlichen Ebene nicht
korrigieren kann. Oft ist
CSR eine Seifenblase.
Wenn aber Unternehmen
Gutes tun und dabei auch
wirtschaftlich erfolgreich
sind, handeln sie durchaus
marktkonform. Gleichzei-
tig wird CSR benützt, um
notwendige Regulative
zum Schutz von Mensch
und Natur zu verhindern.
Schwerpunkt
NACHhaltigkeit