dass der Lebensstandard für
breite Bevölkerungsschichten
nicht nur von den materiellen
Möglichkeiten abhängt. Aller-
dings ist unklar, ob ein hoher
Lebensstandard auch bei einer
schrumpfenden Wirtschaft
aufrechtzuerhalten ist. In
Folge der aktuellen Krise sind
Arbeitslosigkeit und Armut in
Europa stark gestiegen.
DiesenegativeEntwicklung
wird noch dadurch verstärkt,
dass niedrige Einkommens-
gruppen weniger dazu in der
Lage sind, negative Einkom-
mensschocks abzumildern
und so das Abrutschen in die
Armut zu verhindern. Hinzu
kommt, dass Einkommen-
sungleichheit an sich schon
zahlreiche negative Auswir-
kungen hat, etwa höhere Kri-
minalität, mehr Geschlech-
terdiskriminierung und eine
niedrigere Lebenserwartung.
Daher sind weitere ökonomi-
sche Indikatoren, die weniger
auf die Produktionsseite und
mehr auf den Konsum fo-
kussieren, in Verbindung mit
verstärkten Einkommens- und
Vermögensverteilungsindi-
katoren für eine realistische
Betrachtung des Wohlstandes
unerlässlich. Mehr Beachtung
sollte dabei auch der Einkom-
mensunterschied zwischen
Frauen und Männern finden.
Außerdem sollte die Vertei-
lung der Bestandsgrößen (Ver-
mögen) eine zentrale Rolle in
der quantitativen Bewertung
des Wohlstandes spielen.
Lebensqualität
In den letzten 130 Jahren
sind die durchschnittlichen
Wochenarbeitszeiten in Kon-
tinentaleuropa um die Hälfte
bzw. um ein Drittel gesunken,
während diese in den an-
gelsächsischen Ländern nur
um ein Viertel gefallen sind.
Allerdings muss angemerkt
werden, dass der Großteil
dieser Arbeitszeitverkürzun-
gen vor 1929 stattgefunden
Politik
Stiglitz-Sen-Fitoussi-Report
Der Bericht der Stiglitz-Sen-Fitoussi-Kommission gilt als Referenzpunkt der
aktuellen Beyond-GDP-Debatte. Er kann hier heruntergeladen werden: www.
stiglitz-sen-fitoussi.fr
Die Statistik Austria hat
versucht, die Mängel
des BIP zu berücksich-
tigen und veröffentlichte
basierend auf den Emp-
fehlungen der Stiglitz-
Sen-Fitoussi Kommission
Anfang Oktober erstmals
einen umfangreichen
Bericht zum Thema „Wie
geht’s Österreich?“.
Darin werden ausführ-
liche Ergebnisse und
vertiefende Analysen zu
einer bereits 2012 gestar-
teten Initiative zur Mes-
sung von Wohlstand und
Fortschritt präsentiert.
Die Statistik Austria liefert
dabei ein Indikatorenset
mit Schlüsselindikatoren
zu verschiedenen Dimen-
sionen von Wohlstand
und Fortschritt. Indikato-
ren zu materiellem Wohl-
stand, Lebensqualität
und Umweltentwicklung
ergänzen dabei das Brut-
toinlandsprodukt (BIP).
Der Bericht zeigt die Ent-
wicklungen der einzelnen
Schlüssel- und Subindi-
katoren sehr anschaulich
und berücksichtigt
dabei die meisten, wenn
auch nicht alle, der im
Hauptartikel vorgeschla-
genen Indikatoren. Ein
Kritikpunkt ist allerdings,
dass die Größe der Um-
weltwirtschaft unter den
Nachhaltigkeitsindika-
toren auftaucht. Warum
diese kein geeigneter
Nachhaltigkeitsindikator
ist, wird im Kasten auf
Seite 12 begründet,
wobei explizit darauf
verwiesen wird, dass die
Größe der Umweltwirt-
schaft nicht eindeutig
interpretierbar ist. Alles
in allem stellt das Projekt
einen wichtigen, richtigen
Schritt zur Verbesse-
rung der Definition und
Messung von Wohlstand
und Fortschritt bzw. zur
Aufrechterhaltung deren
natürlicher Grundlagen
dar. Die Indikatoren, ein
interaktives Tool und
methodische Hinter-
grundinformationen sind
auch auf der Homepage
der Statistik Austria ab-
rufbar:
/
wie-gehts-oesterreich
Bericht
Wie geht’s Österreich?
Wirtschaft & Umwelt 4/2013
Seite 11
weiter auf Seite 12
➔