ine aktuelle Auseinander-
setzung im Europarecht ist
der umstrittene Vorschlag
für eine Konzessionsrichtlinie. Der
Kommissionsvorschlag umfasste
auch öffentliche Dienstleistungen wie
Wasserversorgung, Abwasser- und Ab-
fallentsorgung. Ausgewiesenes Ziel des
Richtlinienvorschlags war ein vermehrter
Einsatz von Public Private Partnership-
Modellen. In den Erwägungsgründen der
Richtlinie formulierte die Kommission
es so, dass einer „Abschottung der
Märkte“ mit einem „tatsächlichen,
diskriminierungsfreien Marktzugang
aller Wirtschaftsteilnehmer in der Union“
und einer „wirklichen Marktöffnung“
begegnet werde solle. Einen Privatisie-
rungsautomatismus sah der Vorschlag
nicht vor, jedoch erhöhte er indirekt den
Druck in Richtung Privatisierung: Ent-
weder werden die (strengen) Regeln für
Eigenerbringung bzw. interkommunale
Zusammenarbeit eingehalten, oder es
hat eine europaweite Ausschreibung zu
erfolgen. Schwierigkeiten für die Erbrin-
ger öffentlicher Dienstleistungen hätten
sich in Österreich etwa im Bereich der
Mehrsparten-Stadtwerke oder in Fällen,
wo eine größere Stadt wie Wien für
Umlandgemeinden Aufgaben miterfüllt,
ergeben.
Für den Wasser- und Abwasserbereich
hat der anhaltende massive Protest
jedoch zu einem Rich-
tungsschwenk in der
Kommission geführt:
Im Februar 2013
hielt der zuständige
Kommissar Barnier im
EP-Binnenmarktaus-
schuss fest, dass es
„nicht im Interesse der
Bürger, der Verbrau-
cher und der Steuer-
zahler“ sei, die Wasserversorgung aus
dem Binnenmarkt auszunehmen. Denn
„ein finnischer, deutscher, französischer
Bürger, der in ein anderes Land geht,
hat sonst keine Garantie dafür, dass er
hochwertiges Trinkwasser bekommt.“
Anmerkung: Tatsächlich enthielt der
damalige Richtlinienentwurf jedoch
keinerlei Details zu Wasserqualität und
Umweltschutz. Im Juni gab Kommissar
Barnier dann die – zumindest tempo-
räre – Ausnahme des Wasserbereichs
aus der Richtlinie bekannt. Aufgegeben
hat die EU-Kommission ihre Vorhaben
anscheinend noch nicht: In einer Re-
viewklausel hat sie sich vorbehalten,
die „wirtschaftlichen
Effekte“ im Bereich
des Wassersektors zu
beobachten, und nach
drei Jahren dem EU-
Parlament und Rat einen
Bericht darüber vorzule-
gen. Das Einlenken bei
der Konzessionsrichtlinie
ist maßgeblich auch
auf die erfolgreiche
EU-BürgerInneninitiative „Wasser
und sanitäre Grundversorgung sind
ein Menschenrecht!“ zurückzuführen.
Die Initiative tritt für ein systemisches
Umdenken und eine Abkehr von der bis-
herigen EU-Liberalisierungsstrategie ein.
Die Kommission hat innerhalb von drei
Monaten mit politischen und rechtlichen
Schlussfolgerungen zu reagieren.
EU-Konzessionsrichtlinie
Umstrittener Vorschlag der EU-Kommission
E
Count down in Europa: Ein Wettlauf privater Konzerne um öffentliches Eigentum ist im Gange.
Wirtschaft & Umwelt 4/2013
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