Wirtschaft & Umwelt 2/2014
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In vielen von der EU vorgeschla-
genen Gebieten sind aktuell
größere Bauvorhaben geplant
(z.B. Wasserkraftwerk an der Isel,
Osttirol) oder befinden sich bereits
in Durchführung (z.B. Seilbahnbau
am Piz Val Gronda, Tirol). Und
das, obwohl für potenzielle Natura
2000-Gebiete gilt, dass jegliche
Eingriffe auszuschließen sind, die
deren ökologische Merkmale be-
einträchtigen könnten. Folgen die
Naturschutzverwaltungen der Bun-
desländer dieser Rechtsprechung
nicht, können enorme wirtschaft-
liche Konsequenzen
die Folge sein. Am
meisten jedoch
leidet immer noch
die Natur, wenn
durch Bauvorhaben
wertvolle Arten
und Lebensräume
unwiederbringlich
zerstört werden.
Naturschutz
Gefährdete
Hotspots
Österreich & Natura 2000
209 Arten und 74 Lebensraumtypen von europäi-
schem Interesse | 80 % davon in ungünstigem Erhal-
tungszustand | 218 bestehende Natura 2000-Gebiete
= 14,9 % der Landesfläche | 220 Gebiete laut EU
nachzumelden
Natura 2000-Viewer
Wo befinden sich Natura 2000-Gebiete in meiner
Nähe? Welche schützenswerten Arten und Lebens-
räume beherbergen sie? Folgende interaktive Karte
liefert Antworten:
Erste Hilfe
Tipps und Tricks für das alltägliche Natura
2000-Schutzgebietsmanagement bietet
dieser Ratgeber:
/
index.php/ratgeber/erste-hilfe
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht
über den aktuellen Zustand der heimi-
schen Natur verdeutlicht den akuten
Handlungsbedarf: Knapp 80 Prozent
Österreichs Arten und Lebensraum-
typen von europäischer Bedeutung
befinden sich in einem ungünstigen
Erhaltungszustand. Betroffen sind ins-
besondere Gras- und Grünland, Moore
und Süßwasserlebensräume. Vor allem
die Intensivierung der Landwirtschaft,
die zunehmende Landschaftsfragmen-
tierung und die Verbauung und Re-
gulierung der Fließgewässer sind die
häufigsten Ursachen dafür. Der fort-
schreitende Lebensraumverlust setzt
u. a. vielen Käfer-, Fisch-, Krebs- und
Reptilienarten zu: Nur 16 Prozent aller
Arten von europäischem Interesse be-
finden sich aktuell in einem günstigen
Erhaltungszustand.
Ursache für die unhaltbaren Zustän-
de rund um Natura 2000 ist das oft kri-
tisierte Faktum, dass es in Österreichs
Naturschutzpolitik keine zentrale Ko-
ordination und bundesweite Vorge-
hensweise gibt. Als reine Landessache
hinkt der Naturschutz im europäischen
Vergleich, auch über 20 Jahre nach der
Verabschiedung der FFH-Richtlinie
1992, hinten nach. Die Bundesländer
verfolgten bislang unterschiedliche Stra-
tegien in der Ausweisung von Natura
2000-Gebieten: Während sich manche
an schutzwürdigen Habitaten und Arten
nach den Anhängen der FFH-Richtlinie
orientierten, nahmen andere lediglich
bereits anderweitig geschützte Gebiete
auf. Die wenigsten jedoch haben bis dato
wirklich Zeit und Geld für eine umfas-
sende Erhebung schützenswerter Arten
bzw. Flächen investiert. Kein Wunder
also, dass das Schutzgebietsnetzwerk lü-
ckenhaft ist. Mehr Unterstützung seitens
der politisch Zuständigen und – allem
voran – ein Bundesrahmennaturschutz-
gesetz, das die Aktivitäten der Länder
koordiniert und für Einheitlichkeit in der
Umsetzung der Natura 2000-Richtlinien
sorgt, könnte dem heimischen Natur-
Ein Hartholzauwald im Machland Nord in Oberösterreich – bald eines der 220 geforderten neuen Natura 2000-Gebiete?
Natura 2000 hat groSSes Potenzial,
das Miteinander von Mensch und Natur
zu stärken.