EU-Kommission vom EU-
Parlament gewählt. Bis dahin
wird vorerst wenig bis gar
nichts passieren. Zwar könn-
ten Rat und Kommission der
EU bereits nächste Schritte
einleiten, aber die griechische
EU-Präsidentschaft hat bereits
empfohlen, einen neuen Vor-
schlag zum EU-Saatgutrecht
auch der neuen EU-Kommis-
sion zu überlassen. Schließlich
liegt es in der Verantwortung
und Zuständigkeit des EU-
Gesundheitskommissars sich
diesem Thema zu widmen. Da
der derzeitige EU-Gesund-
heitskommissar Tonio Borg
dem Vernehmen nach nicht
nochmals ernannt wird, wäre
es fast ein Affront, wenn sein
Ressort einen neuenVorschlag
präsentieren würde. Es ist
also davon auszugehen, dass
die neue Kommission einen
neuen Vorschlag präsentieren
wird. Sie hat verschiedene
Möglichkeiten: Erstens, den
alten Vorschlag zu reparie-
ren und auf die vorgebrachte
Kritik einzugehen – die EU-
Abgeordneten hatten rund 400
Abänderungsanträge einge-
bracht. Diese Überarbeitung
würde ein paar Monate dau-
ern. Sie kann aber auch einen
gänzlich neuen Vorschlag
erarbeiten lassen – das könnte
dannmehrere Jahre dauern. Da
die EU-Saatgutverordnung in
einem Paket mit vier anderen
EU-Verordnungen präsentiert
wurde, ist es wohl realistischer
von einem abgeänderten alten
Vorschlag auszugehen, der im
Laufe des Jahres 2015 präsen-
tiert wird.
Was ist nötig?
Sobald ein neuer Entwurf
vorgelegt wird, beginnt der
politische Prozess erneut: Das
EU-Parlament, der EU-Rat und
dieEU-Kommissionversuchen
gemeinsam eine Einigung zu
finden. Erst wenn sich alle drei
geeinigt haben, tritt das neue
EU-Saatgutrecht in Kraft.
DerzeitsinddieVorschriften
für EU-Saatgut in zahlreichen
EU-Richtlinien geregelt. Dies
erlaubt den Nationalstaaten
Freiräume, die insbesondere
Österreich sehr gut genutzt hat.
Österreich nimmt daher in der
EU bei altem und traditionel-
lem Saatgut nahezu eine Son-
derstellung ein. Hierzulande ist
es aufgrund einer relativ guten
Rechtslage möglich, dass der
Tausch und Handel mit alten
Saatgutsorten nicht illegal ist.
In Frankreich oder Großbritan-
nien sind die Gesetze viel stren-
ger und der Handel bzw. der
Nachbau von Saatgut ist sogar
verboten. In Österreich konnte
sich daher in den vergangenen
Jahren ein guter Markt für den
Handel, Tausch und Nachbau
von alten und traditionellen
Sorten im Gemüse-, Getreide-
und Obstbereich etablieren.
Eine neue EU-Saatgut-
verordnung ersetzt die alten
EU-Richtlinien zum Saatgut.
Diese Richtlinie ist dann für alle
EU-Mitgliedsstaaten gesetzlich
bindend, nationale Spielräume
sind dann nicht mehr möglich.
Die österreichischen Konsu-
mentInnen haben die Vielfalt
insbesondere bei Gemüse und
Obst in den vergangen Jahren
– auch Dank des Angebotes im
Supermarkt – starknachgefragt.
Aber auch insgesamt gibt es ein
großes Interesse an altem und
traditionellem Saatgut. In einer
EU-Saatgutverordnung dürfen
daher keinerlei Hindernisse
für dieVermarktung und den
Tausch von alten und traditio-
nellen Sorten sowie deren Pro-
dukte bestehen – unabhängig
davon, wie klein oder groß der
Produzent oder der Vermarkter
ist. Weiters dürfen keine zu-
sätzlichen Hürden geschaffen
werden, um die Preise für Pro-
dukte von alten oder traditionel-
len Sorten zu erhöhen, die sich
dann wiederum im Preis für die
KonsumentInnen niederschla-
gen. Ziel einer EU-Saatgutver-
ordnungmuss zudemder Erhalt
und die Förderung von altem
und traditionellemSaatgut sein.
Gerade imZuge der Klima- und
Umweltveränderungen wird
dies zukünftig noch wichtiger
sein als bisher. Im österreichi-
schen Regierungsprogramm
2014-2018 ist die „Erhaltung
der österreichischen Vielfalt
im Bereich des Saatgutes“
bereits festgehalten. Eine neue
EU-Saatgutverordnung darf
die Vielfalt nicht zusätzlich
einschränken. Die UNO-
Welternährungsorganisation
FAO hat in ihren Berichten
wiederholt festgestellt, dass im
20. Jahrhundert 75 Prozent der
Biodiversität in der Landwirt-
schaft verloren gegangen sind.
Im 21. Jahrhundert sollte diese
Entwicklung gestoppt und um-
gekehrt werden.
£
Politik
Damit Saatgutsorten in der EU
zugelassen werden, müssen
diese bestimmten Anforderun-
gen, den sogenannten DUS-
Kriterien entsprechen:
D = Distinct:
Eine Sorte muss
von allen anderen Sorten in
mindestens einem Merkmal
unterscheidbar sein und mit
einer eindeutigen Bezeich-
nung versehen werden.
U = Uniform:
Alle Pflanzen
einer Sorte auf dem Acker
müssen eine hohe Uniformität
(auch: Homogenität) aufwei-
sen.
S = Stable:
Die Sorte muss
auch noch nach mehreren
Generationen die gleichen
Eigenschaften (auch die Uni-
formität) aufweisen.
Seite 12
Wirtschaft & Umwelt 2/2014
Foto: schuh (1), Lukas Strahlhofer (1)
EU-Sorten
Einheitlichkeit statt Vielfalt
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