it Spannung war von vielen der
Vorschlag der EU-Kommission
erwartet worden, den sie am
22. Jänner veröffentlichte und der die
Grundzüge der europäischen Klima-
und Energiepolitik bis zum Jahr 2030
umreißt. Dem Vorschlag war eine um-
fangreiche öffentliche Konsultation im
Lauf des Jahres 2013 vorausgegangen.
Das derzeit geltende Klima- und
Energiepaket, das die Ziele bis 2020
umfasst, wurde im Jahr 2008 verhan-
delt, also im Wesentlichen vor der
Wirtschaftskrise. Die Einigung gelang
damals relativ rasch. Die Wirtschaft
brummte, die Treibhausgasemissionen
hatten in vielen Ländern zuletzt histori-
sche Höchststände erreicht, der Ölpreis
war in ungeahnte Höhen geklettert. In
dieser Situation waren Einsparungen
beim Verbrauch ohnehin ein Gebot der
Stunde. So war es 2008 relativ einfach,
Klima- und Energieziele für die 2010er
Jahre festzulegen.
Im Vergleich dazu ist die Skepsis ei-
niger Mitgliedstaaten heute bedeutend
größer. Es wird befürchtet, dass die EU
mit ihren weitreichenden Zielen bei
den internationalen Klimaverhandlun-
gen zusehends allein dastehen könnte,
weil eine ambitionierte Klimapolitik
durch Beschränkungen beim Energie-
verbrauch die Wirtschaft schwächen
könnte.
Der Beitrag ab Seite 18 geht auf diese
Frage imDetail ein, hier gibt es daher nur
einen kurzen Rückblick. Klimapolitik
und Energiepolitik werden häufig in ei-
nem Atemzug genannt. Wie eng hängen
die beiden tatsächlich zusammen? In al-
len Industriestaaten stammt der weitaus
größte Beitrag zur Emission von Treib-
hausgasen von Kohlendioxid (CO
2
). In
Österreich hatte 2012 CO
2
einen Anteil
von knapp 85 Prozent an den gesamten
Treibhausgasemissionen; in der EU liegt
der entsprechende Wert mit gut 82 Pro-
zent ähnlich hoch. Die CO
2
-Emissionen
wiederum sind zum überwiegenden Teil
auf die Verbrennung fossiler Energieträ-
ger, also von Kohle, Erdöl und Erdgas,
zurückzuführen. In Österreich stammen
86 Prozent der CO
2
-Emissionen aus der
Energieumwandlung. Insgesamt sind
somit knapp 75 Prozent der österreichi-
schen Treibhausgasemissionen auf die
Nutzung fossiler Brennstoffe zurückzu-
führen. In der EU-27 liegt dieser Wert
sogar fast bei 80 Prozent, in den USA
bei 86 Prozent.
Seit Ende des 18. Jahrhunderts mit
der Dampfmaschine erstmals die Um-
wandlung von Verbrennungswärme in
mechanische Energie gelang, ist eine
Unzahl von Produktionsvorgängen vom
Antrieb durch Menschen oder Tiere un-
abhängig geworden. Dies ermöglichte
in den letzten zwei Jahrhunderten einen
Aufschwung der industriellen Produk-
tion, der zuvor schlicht undenkbar war.
Gleichzeitig wurden in ebenso wachsen-
Fotos: Schuh (2), Blende-8/FOtolia.com (1)
*Dr. Christoph Streissler
ist
Chemiker und Mitarbeiter der
Abteilung Umwelt & Verkehr in
der AK Wien.
weiter auf Seite 16
Schwerpunkt
Klima & Energie
Mehr schlingern
als steuern
M
Deutschland betreibt die Energiewende, Großbritannien will Atom­
­strom mit Einspeisetarifen unterstützen, Frankreich verbietet Fra-
cking. Die EU importiert Kohle aus den USA und fürchtet Liefer-
stopps von Erdgas in der Folge der Unruhen in der Ukraine. Ein
einheitlicher Weg beim Kampf gegen den Klimawandel ist in der
EU derzeit kaum auszumachen.
VON Christoph Streissler *
Zusammenfassung:
Während vor sechs Jahren
in der EU die Festlegung
von Klima- und Energiezie-
len bis 2020 relativ einfach
war, ist es nun viel schwie-
riger, solche Ziele für die
zehn Jahre danach, also
bis 2030, zu vereinbaren.
Die Angst geht um, dass
die EU bei den internatio-
nalen Klimaverhandlungen
isoliert wird und dass eine
ambitionierte Klimapolitik
die Wirtschaft schwächen
könnte.
Seite 14
Wirtschaft & Umwelt 1/2014
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